Hongkonger Behörden vertrieben Luzerner Hausboot-Familie aus Expat-Hafen
Nur die Nautilus blieb zurück

Zehn Jahre lang lebte der Luzerner Ueli Tschupp mit seiner Familie auf einem Hausboot vor den Toren Hongkongs. Dann musste er dieses gezwungenermassen verlassen. Nun kritisiert er die chinesische Regierung für die Vertreibung.
Publiziert: 08.11.2019 um 22:37 Uhr
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Aktualisiert: 09.11.2019 um 21:29 Uhr
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Das waren noch glückliche Zeiten: Der gebürtige Luzerner Ueli Tschupp-Lambert (53) mit seiner Familie auf seinem Hausboot «Nautilus».
Foto: Zvg
Céline Trachsel

Über 200 Expats lebten im Hafen Discovery Bay vor Hongkong auf Hausbooten – auch fünf Schweizer Familien. Doch Ende letzten Jahres war Schluss: Der Hafen wurde aufgeschüttet, alle Hausboote mussten verschwinden.

Ein Schock für den Luzerner Ueli Tschupp-Lambert (52) und seine Familie, die seit zehn Jahre auf ihrer «Nautilus» direkt vor den Toren Hongkongs lebten. Bis zuletzt kämpfte der Schweizer mit Protestaktionen und in Gesprächen mit Behörden um den Erhalt des Hafens – vergeblich. Am 31. Dezember 2018 verliess Tschupp mit seiner schwangeren Frau und der fünfjährigen Tochter sein schwimmendes Zuhause.

Exil in Thailand gefunden

«Wir sind nach Thailand geflogen, um etwas Distanz von der Sache zu kriegen», erzählt er. «Dort haben wir zunächst in Hotels gewohnt, um Wohnungen anzuschauen.» Für die kleine Sophie fand Tschupp eine internationale Schule. Im Mai kam seine zweite Tochter Mia in Phuket zur Welt. «Wir haben nun eine schöne Wohnung, und allen geht es gut», so der Luzerner Sicherheitsberater.

Dennoch schmerzt ihn die Vertreibung, denn sein Hausboot war zehn Jahre lang sein Ein und Alles. Nun liegt die Nautilus unbewohnbar in einem Hafen verankert – darauf zu leben, ist ohne Stromanschluss und Landzugang nicht möglich. «Dort wird sie bleiben, bis die Hypothek abgezahlt ist und wir sie verkaufen können – oder eben einen neuen Platz zum Leben finden», sagt Tschupp.

Kürzlich reiste er nach Hongkong und sah seine Nautilus zum ersten Mal seit Monaten wieder. «Unser Hausboot so traurig dort stehen zu sehen, bricht mir das Herz», sagt er leise.

Bootsbesitzer im Hafen kämpfen um ihre Existenz

«Einige Familien, die es sich leisten konnten, haben ihr Hausboot nach Singapur, Thailand oder Vietnam verschickt», sagt Tschupp. Er weiss: «Viele haben ihr Boot an wettergeschützte Orte versetzt und eine Wohnung gemietet. Andere versuchen gar, autark auf dem Boot zu leben.» Einige Familien hätten sogar Konkurs anmelden müssen. Und schlimm: «Ein Pilot hat sich leider das Leben genommen, weil er alles verloren hat.»

Erst kürzlich nahm Ueli Tschupp auch an Protesten in Hongkong teil, die seit Monaten die chinesische Sonderverwaltungszone in Aufruhr halten. Die Motivation des Luzerners: «Ich mache mir Sorgen um meine kantonesischen Freunde. Was sich die chinesische Regierung mit ihrer Einflussnahme im eigentlich unabhängigen Hongkong erlaubt, ist eine Sauerei. Auch die Vertreibung von Ausländern – in unserem Fall der dritten Generation – sollte allen Sorgen machen.» Trotzdem bezeichnet Tschupp Hongkong als sein Zuhause. Sein Wunsch: «Eines Tages wieder mit meiner Familie dort zu leben.»

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