Die wohl gewichtigste Vorlage ist die AHV-Reform, über die der Ständerat am Dienstag der ersten Sessionswoche debattiert. Die Räte sind sich insbesondere nicht einig, wie vielen Frauen das höhere Rentenalter beim Bezug der Rente und beim Vorbezug ausgeglichen werden soll. Die parlamentarischen Diskussionen werden frühestens im Winter abgeschlossen sein.
Ebenfalls frühestens im Dezember werden die Räte über die Freigabe der EU-Kohäsionsmilliarde entscheiden. In seinem Entwurf hielt der Bundesrat fest, dass das Geschäft von beiden Räten in der Herbstsession behandelt werden soll. Diesem Wunsch kam das Ständeratsbüro nicht nach. Die kleine Kammer als Erstrat behandelt die Vorlage erst am zweitletzten Sessionstag. Die Kohäsionsmilliarde wird also vorderhand blockiert bleiben, was sich nicht förderlich auf die angespannten Beziehungen mit der EU auswirken dürfte.
Endlich Klarheit wird es dagegen bei der Nachfolge von Ex-Bundesanwalt Michael Lauber geben. Die Vereinigte Bundesversammlung wählt am 29. September aller Voraussicht nach Stefan Blättler zum obersten Strafverfolger des Bundes. Die parlamentarische Gerichtskommission empfiehlt den 62-jährigen Berner Polizeikommandanten einstimmig zur Wahl.
Parlamentarisch unter Dach und Fach kommen sollen in der Herbstsession weitere gewichtige Dossiers. So will das Parlament beispielsweise die drohende Förderlücke bei den erneuerbaren Energien schliessen. Demnach sollen neue Windenergie-, Kleinwasserkraft-, Biogas-, Geothermie- und Fotovoltaikanlagen ab 2023 mit einmaligen Investitionsbeiträgen gefördert werden.
Zum Abschluss kommen soll zudem der Gegenvorschlag zur Organspendeinitiative. Bei der erweiterten Widerspruchslösung sind nur noch Details umstritten. Klar ist: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies künftig explizit festhalten müssen. Angehörige sollen aber eine Organspende ablehnen können.
In der abschliessenden Differenzbereinigung befindet sich auch das Tabakproduktegesetz. Das Parlament will den Umgang mit Tabakwerbung mit einem neuen Bundesgesetz strenger regeln. Jedoch geht die Revision den Urhebern der Tabakwerbeverbotsinitiative zu wenig weit. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass sie an ihrem Volksbegehren festhalten werden.
Auf der Zielgeraden befinden sich schliesslich Vorlagen zur geplanten Aufhebung der Industriezölle, zu einem gesetzlich verankerten Schutz für die einheimische Zuckerproduktion sowie zu strengeren Auflagen für Streamingdienste wie Netflix.
Selbstredend wird auch der Umgang mit der Corona-Pandemie wieder zu Diskussionen Anlass geben. So geht es im Nationalrat beispielsweise um ein Impulsprogramm für den Tourismus sowie eine Testpflicht für auszuschaffende Flüchtlinge. National- und Ständerat diskutieren zudem über Nachtragskredite im Umfang von 164 Millionen Franken zur Bewältigung der Pandemie.
Die Räte werden zudem Dutzende Vorstösse in Zusammenhang mit der Corona-Krise behandeln. Gefordert wird etwa eine sofortige Revision des Epidemiengesetzes, die obligatorische Einbindung des Parlaments beim Ergreifen von Notrecht und weitere Corona-Hilfspakete für Betroffene. In der Fragestunde des Nationalrats dürften ebenfalls wieder zahlreiche Fragen zum Virus auftauchen.
Offen ist, ob die Räte den Zutritt zum Parlamentsgebäude auf Personen mit Covid-Zertifikat beschränken wollen. Für eine generelle Zertifikatspflicht im ganzen Bundeshaus fehle derzeit die gesetzliche Grundlage, bekräftigte die parlamentarische Verwaltungsdelegation im Vorfeld der Session. Es sei jedoch von den zuständigen Kommissionen zu prüfen, ob eine solche Gesetzesgrundlage geschaffen werden solle.
Länger diskutiert werden dürfte im Nationalrat die Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrekturinitiative)» sowie deren Gegenvorschlag. Die zuständige Kommission lehnt bei der Bewilligung von Kriegsmaterialexporten wie der Ständerat eine gesetzliche Ausnahmeklausel für den Bundesrat ab. Kommt diese Version durch, wird der Trägerverein nach eigenen Angaben seine Initiative zurückziehen.
Andere grössere Dossiers in der grossen Kammer sind die Sistierung des Uno-Migrationspakts, die Schaffung einer nationalen Erdbebenversicherung, die Zahlungen an die EU-Grenzschutzbehörde Frontex sowie die Verlängerung des Reduktionszieles im geltenden CO2-Gesetz.
In der kleinen Kammer geht es zudem um die Armeebotschaft 2021, das Veloweggesetz, das DNA-Profil-Gesetz und die Abschaffung des Eigenmietwerts. Ebenfalls interessant ist die Reform des Status der vorläufigen Aufnahme sowie die Harmonisierung der Strafrahmen.
Das Büro des Nationalrats hat maximal 69 Stunden für die Debatten vorgesehen. Anders als zuletzt gibt es voraussichtlich keine Sitzung am späten Abend, und nur zwei Mal tagt die grosse Kammer am Vormittag und am Nachmittag. Das Ständeratsbüro hat gut 59 Stunden für die Diskussionen reserviert. Nur einmal werden die Kantonsvertreterinnen und -vertreter ganztags debattieren.
Grund für das etwas weniger dichte Programm sind verschiedene Anlässe am Rande der Session. So soll am Mittwochnachmittag der ersten Sessionswoche die Feier für Nationalratspräsident Andreas Aebi (SVP/BE) stattfinden. Wegen Corona wurde das Fest im vergangenen Winter verschoben.
Ebenfalls nachgeholt werden soll eine Woche später der Ständeratsausflug. Alex Kuprecht (SVP/SZ), Präsident der kleinen Kammer, dürfte seine Ratskollegen in die Innerschweiz führen. Am Mittwochnachmittag der dritten Sessionswoche finden schliesslich die Fraktionsausflüge statt. (SDA)