Heiratsstrafe
Bundesrat weiss immer noch nicht, wie viele es trifft

Der Bundesrat hat am Mittwoch die angekündigte Zusatzbotschaft mit neuen Schätzungen zur Anzahl der von der Heiratsstrafe Betroffenen vorgelegt. Allerdings: Sicherheit über die Zahlen hat er nicht.
Publiziert: 14.08.2019 um 13:31 Uhr
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Aktualisiert: 14.08.2019 um 14:16 Uhr
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Das Bundesgericht hat entschieden, dass das Volk nochmals über die Abschaffung der Heiratsstrafe abstimmen soll.
Foto: Keystone

Als das Stimmvolk 2016 über die Volksinitiative der CVP zur Abschaffung der Heiratsstrafe entschieden hat, lagen ihm falsche Zahlen des Bundes vor. Das Bundesgericht entschied im Mai, dass die Abstimmung deswegen aufgehoben werden muss (BLICK berichtete).

Zieht die CVP die Volksinitiative nicht zurück, wird die Abstimmung wiederholt. Ein Rückzug dürfte erfolgen, wenn das Parlament die Heiratsstrafe auf dem Gesetzesweg abschafft. Nun legt der Bundesrat die dazu nötige Zusatzbotschaft vor.

«Erhebliche Unsicherheiten»

Pikant: Er kann immer noch nicht mit Sicherheit sagen, wie viele Ehepaare betroffen sind. Er schreibt zwar, dass gemäss neuen Angaben rund 1,4 Millionen Einwohner – 454'000 Zweiverdienerehepaare und 250'000 Rentnerehepaare – gegenüber unverheirateten Paaren durch eine steuerliche Mehrbelastung von mehr als 10 Prozent benachteiligt sind.

Aber: «Diese Zahlen beruhen auf Annahmen und sind mit erheblichen Unsicherheiten verbunden», schreibt die Landesregierung.

Neben der Heiratsstrafe erwähnt der Bundesrat auch einen «Heiratsvorteil»: Rund 200'000 Einverdiener- und 124'000 Zweiverdienerehepaare sowie 58'000 Rentnerehepaare kommen in den Genuss einer Minderbelastung von mehr als 10 Prozent gegenüber einem Konkubinatspaar in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen.

Es kommt drauf an, wer wieviel verdient

Ob man gestraft oder belohnt wird, hängt von der Einkommensverteilung ab: Bei Zweiverdienerehepaaren ohne Kinder ist eine steuerliche Benachteiligung gegenüber Konkubinatspaaren umso wahrscheinlicher, je höher das Gesamteinkommen ist und je gleichmässiger sich dieses auf beide Personen aufteilt.

Zweiverdienerehepaare mit hohen und gleichmässig auf die Eheleute aufgeteilten Gesamteinkommen sind tendenziell steuerlich benachteiligt, Zweiverdienerehepaare mit niedrigen und ungleichmässig aufgeteilten Gesamteinkommen sind tendenziell bevorteilt. Bei Zweiverdienerehepaare mit zwei Kindern ist der Einfluss der Aufteilung des Gesamteinkommens noch komplexer.

Keine Diskriminierung bei Sozialversicherungen

Untersucht hat der Bundesrat ferner, ob und inwiefern Ehepaare auch bei den Sozialversicherungen benachteiligt sind. Er kommt zum Schluss, dass dies nicht der Fall ist. Zwar sind Ehepaare gegenüber gleich situierten Konkubinatspaaren durch die Plafonierung der AHV-Renten auf 150 Prozent der Maximalrente für Einzelpersonen schlechter gestellt.

Bei den übrigen Leistungen und bei den Beiträgen der AHV sind Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren jedoch besser gestellt. In der Gesamtbetrachtung ergebe sich ein ausgewogenes Bild mit leichten Vorteilen der verheirateten Personen, schreibt der Bundesrat. Aus seiner Sicht bestehe deshalb bei den Sozialversicherungen in dieser Frage kein Handlungsbedarf.

Unverheiratete mit Kindern werden neu bestraft

Im Steuerrecht kommt es zur so genannten Heiratsstrafe, weil die Einkommen der Ehepaare zusammen veranlagt werden. Diese tragen eine höhere Steuerlast, weil im progressiven Steuersystem höhere Einkommen zu einem höheren Satz besteuert werden.

Der Bundesrat schlägt in seiner Gesetzesvorlage vor, dass die Behörden in einem ersten Schritt die Steuerbelastung der Ehepaare im Rahmen der gemeinsamen Veranlagung berechnen. In einem zweiten Schritt würden sie diese in Anlehnung an die Besteuerung von Konkubinatspaaren berechnen. Geschuldet wäre der tiefere Betrag.

Steigen würde mit den Vorschlägen des Bundesrates die Steuerbelastung für Konkubinatspaare mit Kindern. Deren übermässige Entlastung sei eine der Ursachen dafür, dass manche Ehepaare benachteiligt seien, hiess es in der Botschaft zu den Gesetzesänderungen.

Die Reform würde bei der direkten Bundessteuer zu Mindereinnahmen von rund 1,5 Milliarden Franken führen. Davon entfielen rund 1,2 Milliarden Franken auf den Bund und rund 300 Millionen Franken auf die Kantone. Auch diese Schätzung hat der Bundesrat aktualisiert. Nun ist das Parlament am Zug.

(SDA)

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