Haitis Präsidenten-Witwe Martine Moise (47) spricht erstmals über das Attentat auf ihren Mann (†53)
«Ich dachte, es wäre das Ende»

Anfang Juli wurde der ehemaligen Präsident von Haiti bei einem Attentat getötet. Seine Frau erlebte die Tat hautnah mit. Jetzt spricht sie erstmals über den Mord.
Publiziert: 03.08.2021 um 15:37 Uhr
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Nur noch dem privaten Personenschutz traut Moise. Sie glaubt, dass die Bodyguards des Präsidenten etwas mit dem Attentat zu tun haben.
Foto: keystone-sda.ch

Martine Moise ist nur noch mit privaten Personenschützern unterwegs – den Bodyguards des Präsidenten vertraut sie nicht mehr. Die 47-Jährige war dabei, als ihr Mann Jovenel Moise (†53), der ehemalige Präsident von Haiti, Anfang Juli Opfer eines Attentats wurde. Mit CNN hat sie über den brutalen Mord gesprochen.

«Ungefähr um ein Uhr nachts fing die Schiesserei an», so Moise. «Es waren keine gewöhnlichen Pistolen. Es klang wie automatische Maschinenpistolen, die in die Mauer des Hauses einschlugen.» Zu diesem Zeitpunkt habe sie sich mit ihrem Mann im Schlafzimmer versteckt. «Plötzlich schlug die Tür zum Schlafzimmer auf und Kugeln flogen ziellos durch die Luft.» Dann wurde Sie getroffen.

«Ich dachte, es wäre das Ende»

Die Frau des Präsidenten lag blutend am Boden. Ein Dutzend Männer seien ins Zimmer gestürmt: «Sie suchten nach etwas, aber ich wusste nicht was. Es schien, als hätten sie ein genaues Ziel. Ich hörte, wie die Männer mehrere Male sagten ‹Das ist es nicht›. Doch nach einer Weile fanden sie, wonach sie suchten.» Martine Moise wusste nicht, was die Angreifer gefunden hatten. «Der Angreifer griff zum Telefon und rief jemanden an. Dann beschrieb er das Aussehen des Präsidenten.» Es kam ihr vor, als hätte die Person am Telefon bestätigt, dass es sich um die richtige Person handle. Dann wurde der Präsident getötet. «Ich dachte, es wäre das Ende. Nicht nur für meinen Mann, sondern auch für mich.»

Nach dem Geschehen habe der Personenschutz des Präsidenten nicht nach Überlebenden gesucht. Er sei gar nicht vor Ort gewesen. Eine Haushälterin habe schlussendlich die verletzte Martine Moise gefunden. Mit einer Schusswunde am Arm wurde sie von der Polizei herausgeführt. Für sie ist in diesem Moment klar: «Der Personenschutz des Präsidenten, der rund um die Uhr beim Präsidenten ist, war gesund und munter. Keiner war verletzt. Entweder hat der Personenschutz die Angreifer hereingelassen oder er hat seinen Posten verlassen.» Es gäbe keine andere Erklärung. «Der Präsident wird beschossen und den Personenschutz kann man nirgends auffinden?» Das komme ihr sehr komisch vor.

Der Präsident habe viele Feinde gehabt

«Es wurde noch niemand verhaftet», sagt Moise. Die Personen, die verhaftet wurden, wären nur die, die den Auslöser gedrückt haben. Sie wolle, dass die Auftraggeber gefasst werden. Die Untersuchungen haben bisher nichts ergeben, trotz diverser Verhaftungen gibt es noch kein Motiv. Der Präsident sei nie gut angekommen beim Volk und sei immer eine umstrittene Persönlichkeit gewesen. Durch Verweigerungen von Wahlen und da Jovenel Moise bei Bandenkriminalität weggeschaut hatte, hatte er sich grosse Feinde gemacht. Trotzdem sagt seine Witwe: «Ich hätte niemals gedacht, dass so ein Hass in unserem Land existiert.»

Moise hofft, die Korruption nach dem Attentat auf ihren Mann beenden zu können – vielleicht als nächste Präsidentin Haitis. Fragen über ihre Ambitionen zur Kandidatur weicht sie zwar aus, vor politischen Themen schreckt sie aber nicht zurück. Sie argumentierte beispielsweise, dass die Übergangsregierung sich beeilen müsse, Neuwahlen durchzuführen, ebenso wie das Verfassungsreferendum, für das sich ihr Mann eingesetzt habe, welches dem Präsidenten mehr Entscheidungsfreiheit gibt. «Ich denke, dass wir mit den bevorstehenden Wahlen und mit der Verfassung, die sich ändern wird, ein besseres Land haben werden». Nach dem Attentat wurde der neue Präsident, Ariel Henry vereidigt. Jovenel Moise hatte ihn noch vor seinem Tod zu seinem Nachfolger ernannt.

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