Kurz vor Wahl des Premierministers
Riesen-Puppe verspottet Johnson bei Anti-Brexit-Demo in London

Mit einer riesigen Boris-Johnson-Puppe am Himmel haben Demonstranten in London gegen den voraussichtlich neuen britischen Premierminister protestiert. Unter dem Motto "Nein zu Boris, Ja zu Europa" zogen sie am Samstag durch die Innenstadt.
Publiziert: 20.07.2019 um 17:40 Uhr
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Aktualisiert: 22.07.2019 um 09:41 Uhr
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Mit einer Boris-Johnson-Puppe am Himmel haben Demonstranten in London gegen den voraussichtlich neuen britischen Premierminister protestiert.

Der Protestzug wurde von «March for Change» organisiert, einem Zusammenschluss EU-freundlicher Gruppen. Die Puppe «sieht vielleicht ein bisschen nach unbeschwertem Spass aus, aber sie hat eine ernsthafte Botschaft», sagte Tom Brufatto, einer der Organisatoren.

Boris-Puppe erinnert an Trump- Baby

Die aufblasbare Boris-Puppe namens «Baby Blimp» erinnert an «Baby Trump», eine riesige Figur am Himmel, die den US-Präsidenten Donald Trump während seines Besuchs in London im vergangenen Monat verspottete. In Grossbritannien wird mit dem Wort «Blimp» sowohl ein Luftschiff als auch ein selbstgefälliger Erzkonservativer bezeichnet.

Die Boris-Puppe trägt ein T-Shirt mit einem roten Doppeldeckerbus und dem Schriftzug «350 Millionen Pfund» darauf. Dies ist eine Anspielung auf eine Kampagne, mit der Johnson Wähler beim Brexit-Referendum in die Irre geführt haben soll.

Er hatte damals behauptet, dass das Vereinigte Königreich wöchentlich 350 Millionen Pfund (knapp 430 Millionen Franken) an die EU weiterleiten müsse. Dieses Geld könne besser in den staatlichen Gesundheitsdienst NHS investiert werden. Was Johnson jedoch verschwieg: Grossbritannien erhält einen erheblichen Teil seiner Beiträge zurück, etwa für die Landwirtschaft.

Wird Johnson Nachfolger von May?

Am kommenden Dienstag gibt die Konservative Partei bekannt, wer der Nachfolger der scheidenden Premierministerin Theresa May wird. Haushoher Favorit ist Johnson, dem viele zutrauen, enttäuschte Brexit-Wähler wieder ins Boot zu holen. Seinem Konkurrenten Aussenminister Jeremy Hunt, werden kaum Chancen eingeräumt. Bereits am Mittwoch soll der neue Premierminister dann May ablösen.

Johnson will Grossbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen - «komme, was wolle». Er droht Brüssel auch mit einem ungeordneten Austritt. Das hätte jedoch grosse negative Folgen für die Wirtschaft und zahlreiche andere Lebensbereiche.

Briten erwarten Chaos

In Grossbritannien wird mit Ministerrücktritten zu Wochenbeginn und Neubesetzungen etlicher Posten im Kabinett nach Bekanntgabe des Siegers gerechnet.

Finanzminister Philip Hammond und Justizminister David Gauke haben angekündigt ihre Ämter niederzulegen, bevor voraussichtlich Brexit-Hardliner Boris Johnson die Nachfolge von Premierministerin Theresa May antritt.  Weitere  Rücktritte werden erwartet. Dazu könnten auch Wirtschaftsminister Greg Clark und Entwicklungshilfeminister Rory Stewart gehören.

Im Gespräch mit Johnson soll auch der frühere Brexit-Minister David Davis sein, wie der «Telegraph» am Samstag schrieb. Er war aus Protest gegen den Brexit-Kurs von May von seinem Posten zurückgetreten; Kritiker hielten ihn für faul und inkompetent. Davis könnte laut «Telegraph» Finanz- oder Aussenminister werden.

Unruhe gibt es auch in der Labour-Opposition, die heillos zerstritten ist. Parteichef Jeremy Corbyn wird die Vorwürfe nicht los, er tue nicht genug gegen Antisemitismus in den eigenen Reihen. Im Oberhaus droht ihm sogar eine Meuterei.

Die Lords dürften am Montag bei einer Sondersitzung der Fraktion darüber entscheiden, ob ein Misstrauensantrag zur Abstimmung gebracht werden soll. Ein Votum gegen den Alt-Linken Corbyn hätte zwar nur symbolische Bedeutung, würde seinem Ansehen aber erheblich schaden.

(SDA)

Wie wird der neue Tory-Chef gewählt?

Das Verfahren, in dem die britischen Konservativen ihren neuen Parteichef auswählen, sieht mehrere Etappen vor: Von den ursprünglich zehn Bewerbern sollen am Donnerstag nur noch zwei übrig sein, unter denen dann die 160'000 Parteimitglieder über den neuen Vorsitzenden und Regierungschef entscheiden.

Für die Bewerber bedeutet das Verfahren, dass der Machtkampf in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird und jeder die Zahl seiner Unterstützer vorgeführt bekommt. Ein Überblick über den Zeitplan:

  • 18. Juni:
    An diesem Dienstag steht der zweite Wahlgang unter den 313 konservativen Abgeordneten des Unterhauses an. Inzwischen sind nur noch sechs Bewerber im Rennen. Jeder Kandidat muss mindestens 33 Stimmen bekommen, um weitermachen zu können. Gelingt dies allen, fällt derjenige mit der geringsten Zustimmung raus. Dann sind es nur noch fünf.

  • 19. Juni:
    Schon am Mittwoch folgt dann die dritte Abstimmung. Es bleiben allenfalls vier.

  • 20. Juni:
    Für Donnerstag sind die vierte und die fünfte Runde geplant. Damit soll das Bewerberfeld dann auf zwei reduziert sein. Sie müssen sich dann auf den Wahlkampf bei den Parteimitgliedern einstellen, der am 22. Juni offiziell beginnt.

  • 28. Juni:
    Die zurückgetretene Parteichefin Theresa May nimmt in ihrer Funktion als amtierende Premierministerin am G20-Gipfel in Osaka teil.

  • 2. Juli:
    Konstituierende Sitzung des EU-Parlaments. Ausgerechnet die britische Brexit-Partei stellt mit 29 Mandaten die grösste Gruppierung einer einzelnen Partei.
  • 23. Juli:
    Vermutlich Verkündung des Ergebnis der brieflichen Abstimmung von rund 160'000 Parteimitglieder: Jetzt weiss man, wer die Tories und Grossbritannien vn nun an anführen wird.
  • 25. August:
    Im südfranzösischen Biarritz, beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten, wird der neue britische Premier seinen ersten grossen Auftritt auf internationalem Parkett haben.

  • 17. Oktober:
    Am EU-Gipfel in Brüssel dürfte der neue britische Regierungschef teilnehmen, wenn der Brexit bis dahin weiter nicht vollzogen ist.

  • 31. Oktober:
    Grossbritannien verlässt die EU - sofern bis dahin nicht eine weitere Verschiebung beschlossen ist.

Das Verfahren, in dem die britischen Konservativen ihren neuen Parteichef auswählen, sieht mehrere Etappen vor: Von den ursprünglich zehn Bewerbern sollen am Donnerstag nur noch zwei übrig sein, unter denen dann die 160'000 Parteimitglieder über den neuen Vorsitzenden und Regierungschef entscheiden.

Für die Bewerber bedeutet das Verfahren, dass der Machtkampf in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird und jeder die Zahl seiner Unterstützer vorgeführt bekommt. Ein Überblick über den Zeitplan:

  • 18. Juni:
    An diesem Dienstag steht der zweite Wahlgang unter den 313 konservativen Abgeordneten des Unterhauses an. Inzwischen sind nur noch sechs Bewerber im Rennen. Jeder Kandidat muss mindestens 33 Stimmen bekommen, um weitermachen zu können. Gelingt dies allen, fällt derjenige mit der geringsten Zustimmung raus. Dann sind es nur noch fünf.

  • 19. Juni:
    Schon am Mittwoch folgt dann die dritte Abstimmung. Es bleiben allenfalls vier.

  • 20. Juni:
    Für Donnerstag sind die vierte und die fünfte Runde geplant. Damit soll das Bewerberfeld dann auf zwei reduziert sein. Sie müssen sich dann auf den Wahlkampf bei den Parteimitgliedern einstellen, der am 22. Juni offiziell beginnt.

  • 28. Juni:
    Die zurückgetretene Parteichefin Theresa May nimmt in ihrer Funktion als amtierende Premierministerin am G20-Gipfel in Osaka teil.

  • 2. Juli:
    Konstituierende Sitzung des EU-Parlaments. Ausgerechnet die britische Brexit-Partei stellt mit 29 Mandaten die grösste Gruppierung einer einzelnen Partei.
  • 23. Juli:
    Vermutlich Verkündung des Ergebnis der brieflichen Abstimmung von rund 160'000 Parteimitglieder: Jetzt weiss man, wer die Tories und Grossbritannien vn nun an anführen wird.
  • 25. August:
    Im südfranzösischen Biarritz, beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten, wird der neue britische Premier seinen ersten grossen Auftritt auf internationalem Parkett haben.

  • 17. Oktober:
    Am EU-Gipfel in Brüssel dürfte der neue britische Regierungschef teilnehmen, wenn der Brexit bis dahin weiter nicht vollzogen ist.

  • 31. Oktober:
    Grossbritannien verlässt die EU - sofern bis dahin nicht eine weitere Verschiebung beschlossen ist.
Brexit-News

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

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