Der anonyme Wutbrief der Flüchtlinge von Como (I) beschäftigt weiter. Die – unbelegten – Vorwürfe: ungerechtfertigte Rücküberstellungen nach Italien, Ruckzuck-Verfahren mit unbegleiteten Minderjährigen sowie Gewaltanwendung und Verletzung des Asylrechts (BLICK berichtete).
In Mendrisio TI nahmen der Kommandant der Tessiner Grenzwache, Mauro Antonini, und Patrick Benz, Verbindungsoffizier vom Bundesamt für Migration, nun erstmals Stellung.
Jeder Flüchtling werde angehört, sein Gepäck durchsucht und Abdrücke der Zeigefinger genommen. Aus Sicherheitsgründen folge eine Leibesvisitation. «Das übernimmt das medizinische Personal», sagt Antonini. «Wir achten darauf, dass Männer von Männern und Frauen von Frauen abgesucht werden. Das ist das übliche Verfahren.» Wer um Asyl bitte, werde ans Staatssekretariat für Migration weitergeleitet. Aber: «Ohne oder mit falschen Papieren geht es zurück nach Italien!»
Sprachbarrieren lassen Antonini und Benz nicht gelten. Mit ein paar Brocken Englisch oder Französisch funktioniere die Verständigung gut. Man verständige sich notfalls auch bestens «mit Händen und Füssen». «Wir brauchen keine Dolmetscher», sagt der Kommandant und berichtet: «Viele kommen immer wieder über die Grenze. Die kennen wir schon. Ihr Ziel ist Nordeuropa. Erst wenn sie damit scheitern, wollen sie plötzlich Asyl bei uns. Und wechseln dann ständig ihre Angaben zu Name und Herkunft.»
Nur 20 Prozent der angeblich Minderjährigen seien tatsächlich unter 18 Jahre alt, vermutet Antonio Simona, Chef des Empfangszentrums in Chiasso TI: «40 Prozent gestehen ihre Falschaussagen später ein.»
Dass Chiasso keinen Korridor durch die Schweiz mehr bietet, hat sich in Como wohl herumgesprochen. In der letzten Woche hat sich der Ansturm im Gegensatz zur Vorwoche auf 893 Neuankömmlinge halbiert.