Grabbeigaben
Das alles kommt mit auf die letzte Reise

Publiziert: 12.11.2005 um 23:14 Uhr
|
Aktualisiert: 04.10.2018 um 18:50 Uhr
Daniel Jaggi
Im Sarg liegt heute oft nicht mehr nur der Tote. Immer häufiger geben die Angehörigen dem Verstorbenen persönliche Gegenstände mit.

Für die alten Ägypter, für die Kelten, aber auch für Römer war es selbstverständlich: Tote brauchten auf ihrem Weg ins Jenseits Waffen, Proviant und Geld. All dies legten ihnen die Hinterbliebenen deshalb ins Grab. Erst die christliche Kirche verbot im Mittelalter Grabbeigaben aller Art.

Das ist lange her. «Seit einigen Jahren werden wieder persönliche Gegenstände des Verstorbenen oder der Hinterbliebenen in den Sarg gelegt», teilt Rolf Lambrigger (43) mit, Präsident des Schweizerischen Bestatter-Verbandes.

Oft sind es Familienfotos, Kinderzeichnungen oder auch Briefe, in denen den Verstorbenen bisher Ungesagtes mitgeteilt wird. Aber auch Plüschtiere und Spielzeugautos finden in vielen Särgen ihre letzte Ruhe. Leidenschaftlichen Jassern werden die Karten, Wanderern der Stock, Bergsteigern ein Seil, Rauchern die Pfeife oder eine Schachtel Zigarette auf die letzte Reise mitgegeben.

Der Fricktaler Bestatter Ricco Biaggi war sogar schon dabei, als ein Töffnarr mitsamt eines eigens präparierten Motorkolbens beerdigt wurde. Das Zürcher Bestattungsamt, mit 4000 Beerdigungen jährlich der grösste Bestatter in der Schweiz, zeigt sich dem neuen, alten Trend gegenüber aufgeschlossen. Kürzlich wollten Hinterbliebene den Sargdeckel eines Verstorbenen bemalen. Leiterin Marianne Herold: «Wir haben das bewilligt.»

Völlig out dagegen ist neuerdings das weisse Leichenhemd. Immer häufiger liegen Tote in Alltags- oder Sonntagskleidern im Sarg. Franz Lattrell (53), Bestatter in Ostermundigen BE: «Wir haben gar schon eine Sportlerin im Jogging-Anzug beerdigt.» Aber der Berner geht noch einen Schritt weiter: «Wir ermöglichen Hinterbliebenen auch, beim Waschen und Anziehen des Verstorbenen mitzuhelfen.»

Ricco Biaggi, beim Bestatterverband für die Ausbildung zuständig, begrüsst dies sogar. «Der Tote gehört der Familie», betont er.

Einzig der Umweltschutz setzt den Grabbeilagen Grenzen. Ganz unverkrampft gehen Kinder mit der Möglichkeit um, Verstorbenen etwas mitzugeben. Kürzlich legte ein Zehnjähriger dem Bruder seinen fast 100 Franken teuren Gameboy in den Sarg – mitsamt zwei Spielen.

Fehler gefunden? Jetzt melden