Personen mit einem niedrigen sozialen Status sind stärker von den Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Arthrose und Rückenschmerzen betroffen als Personen mit einem hohen sozialen Status. Das hat das Bundesamt für Statistik (BFS) in seiner am Dienstag veröffentlichten Auswertung der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) 2017 herausgefunden.
Im Gesundheitsbereich gilt generell ein sogenannter sozialer Gradient: Je ungünstiger die soziale Situation, desto schlechter der Gesundheitszustand. Dieser Zusammenhang wird durch Faktoren wie Bildungsniveau oder Einkommen geprägt; der Migrationsstatus kann diese mitbeeinflussen. Das gesundheitsrelevante Verhalten oder die Nutzung der Gesundheitsversorgung unterscheiden sich auch je nach sozialer Stellung, was sich wiederum auf die Gesundheit auswirkt.
«Dieser soziale Gradient lässt sich auch in der Schweiz in deutlichem Masse feststellen», schreibt das BFS.
Der Zusammenhang von Bildung und Gesundheit ist bei der Selbsteinschätzung der Befragten mehr als deutlich: Lediglich zwei Drittel der Personen ohne nachobligatorische Ausbildung bezeichnen ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut.
Bei den Personen mit einer Ausbildung auf Sekundarstufe II sind es dagegen acht von zehn und bei den Personen mit Tertiärausbildung neun von zehn. «Dieser Unterschied nach sozialem Status ist bei den meisten Indikatoren der körperlichen Gesundheit festzustellen», so das BFS.
Als Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten gelten Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Diabetes, Übergewicht, mangelhafte körperliche Aktivität und Tabakkonsum. Personen mit erhöhtem Cholesterinspiegel sind zum Beispiel 5,2-mal häufiger von einem Herzinfarkt oder Schlaganfall betroffen als Personen mit normalen Cholesterinwerten.
Personen ohne nachobligatorischen Abschluss leiden deutlich häufiger an Bluthochdruck als Personen mit einer Ausbildung auf Sekundarstufe II oder auf Tertiärstufe (31 Prozent gegenüber 22 respektive 14 Prozent). Sie weisen auch häufiger einen erhöhten Cholesterinspiegel auf (19 Prozent gegenüber 15 und 12 Prozent) und haben öfter Diabetes (8 gegenüber 5 und 4).
Besonders ungesund fühlen sich Migrantinnen und Migranten der ersten Generation aus Ost-, Südost- und Südwesteuropa. Das geht meist einher mit tiefem Sozialstatus, insbesondere minimalem Bildungsstand. Der Anteil der Personen, die ihren Gesundheitszustand als «mittelmässig» bis «sehr schlecht» einschätzen, ist bei den Migrantinnen und Migranten der esten Generation aus Südwesteuropa um 16 Prozentpunkte höher als bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, bei gleicher Geschlechts- und Altersstruktur.
Dass die erste Generation schlechter abschneidet als die zweite, hängt offenbar nicht generell damit zusammen, dass diese Menschen im Ausland geboren sind und ihre Kinder nicht. Eingewanderte erfahren anscheinend erst in der Schweiz eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands. «Je länger Migrantinnen und Migranten sich in der Schweiz aufhalten, desto schlechter ist ihr Gesundheitszustand», hat das BFS beobachtet.
Migration drückt offenbar ganz besonders auf die Seele: Beinahe alle Gruppen der Bevölkerung mit Migrationshintergrund haben ein grösseres Risiko für eine hohe psychische Belastung und Depressionen. Besonders deutlich ist dies bei den Personen der ersten Generation aus Südwesteuropa (plus 9 Prozentpunkte) sowie denjenigen der ersten Generation aus Ost-und Südosteuropa (plus 6 Prozentpunkte).
«Die Differenzen können zum Teil auf soziale Unterschiede zurückgeführt werden, einen deutlichen Einfluss hat aber insbesondere auch ein Mangel an sozialer Unterstützung», präzisiert das BFS.
Wie in der Gesamtbevölkerung korreliert auch bei Eingewanderten das Gewicht mit dem Bildungsstand und dem sozialen Status. Der Anteil an Übergewichtigen ist in fast allen Gruppen der Bevölkerung mit Migrationshintergrund erhöht, unter anderem auch bei der zweiten Generation (plus 9 Prozentpunkte). Wichtiger als der Sozialstatus sind aber bei Migranten offenbar «migrations- und lebensstilspezifische Faktoren».
(SDA)