Auf sieben fette Jahre folgen im Alten Testament sieben magere. Doch die Schweiz hält sich nicht ans Drehbuch der Bibel. Bis zum vergangenen Jahr fielen die Konsumentenpreise erstmals seit den 1930er-Jahren über einen Zeitraum von sieben Jahren – insgesamt um 0,5 Prozent. Und es geht weiter: 2015 sollen die Preise jene des Vorjahres um 1,1 Prozent unterbieten.
Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) des Bundes misst die Preisentwicklung von Waren und Dienstleistungen, die für Privathaushalte bedeutend sind. Dazu gehören neben Lebensmitteln zum Beispiel auch der Haarschnitt und Ferien. Während Herr und Frau Schweizer im letzten Jahr beim Coiffeur oder im Nagelstudio sieben Prozent mehr Geld liegen lassen mussten als 2008, verbilligten sich Pauschalreisen in dieser Zeit um 8,2 Prozent.
In der Elektronik ging es mit den Preisen am steilsten bergab. Im Vorjahr mussten Käufer von Computern und Zubehör über zwei Drittel weniger berappen als 2008. Für Fernseher zahlten sie knapp 61 Prozent weniger. Ein Ende des Preisrutsches ist nicht in Sicht: In diesem Jahr nimmt er sogar noch Fahrt auf.
«Konsumenten lassen sich nicht mehr jeden Preis gefallen»
«Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses schlägt mittlerweile voll durch», sagt Thomas Hochreutener (61). Der Direktor Handel von GfK Switzerland bilanziert ein Zwei-Milliarden-Loch in den Kassen der Detailhändler. Im Vergleich zum Vorjahr hätten sie 1,2 Prozent weniger Umsatz mit Lebensmitteln gemacht. Im Non-Food-Bereich sind es sogar 3,2 Prozent. Der Kunde ist preisbewusster – und der Händler ennet der Grenze seit dem 15. Januar noch billiger.
«‹Geiz ist geil› hat sich auch in der Schweiz etabliert», sagt Martin Neff (55), Chefökonom der Raiffeisen-Gruppe. Die Schweizer Konsumenten schauen immer genauer auf den Preis. Vielen sie es egal, ob jemand denke, sie kauften bei Lidl und Aldi, weil sie kein Geld hätten. «Sie lassen sich nicht mehr jeden Preis gefallen», erklärt Neff. Um die Umsätze zu halten, hätten die Händler massiv Preise gesenkt, so Neff.
Gerade bei Produkten, deren Preise sich im Internet einfach vergleichen lassen, schrauben sie nach unten. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres fielen die TV-Preise um 4,4 Prozent – noch stärker als im Vorjahr (–2,5 Prozent). Fotoapparate verbilligten sich um 5,8 Prozent. Die Händler leiden unter ihrem selbst angezettelten Preiskampf. Seit Anfang Jahr setzten sie mit IT-Equipment elf Prozent weniger um. Mit Fernsehern sogar ein Fünftel weniger.