Ein Gefängnis kann sonst kaum mit begeisterten Kunden Werbung für sich machen. Im Fall der Kriseninterventions-Abteilung (KIA) in Dietikon gab es jedoch bereits mehrfach Lob von Häftlingen. «Ich bin froh, dass Sie so viel Zeit für mich haben", heisst es in einer Rückmeldung. Oder: «In meiner momentanen Verfassung kann ich mir nicht vorstellen, in einem anderen Gefängnis zu sein."
Seit dem 11. Februar ist die KIA im Gefängnis Limmattal offen. Sie bietet Platz für neun Untersuchungshäftlinge, die in einer akuten Krise sind. Der grösste Unterschied zur normalen U-Haft: Hier gibt es mehr Kontakte zu anderen Insassen.
In der KIA wird beispielsweise gemeinsam gegessen, wofür sogar die Geschlechtertrennung aufgehoben wird. Betreut werden die Häftlinge von Pflegefachleuten und einem Psychiater, der die Insassen in einem Besprechungszimmer mit Topfpflanze und Tierkalender empfängt. Die drückende Gefängnisstimmung soll damit etwas gemildert werden.
Lange bleiben dürfen die Häftlinge aber nicht. Nach maximal drei Wochen werden sie zurück in die «normale» U-Haft geschickt.
"Man darf nicht vergessen: Untersuchungshäftlinge sind nicht verurteilt. Sie wurden mitten aus dem Alltag gerissen", sagte Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) am Freitag vor den Medien bei einem Besichtigungstermin. Das könne einen regelrechten Schock auslösen.
Bis anhin wurden selbstmordgefährdete Insassen immer in eine psychiatrische Klinik gebracht - diese ist jedoch nicht für die Betreuung von Häftlingen eingerichtet. Oft wurden die Häftlinge in Isolationsräumen untergebracht, die dann für «normale» Patienten fehlten.
Positiver Nebeneffekt: Die KIA spart dem Kanton Zürich Geld. Während ein Tag etwa in der Klinik Rheinau 1500 Franken kostet, ist es in der KIA nur die Hälfte. Fehr betonte aber, dass die KIA keine Sparmassnahme sei, sondern ein Fortschritt für die Häftlinge. «Es ist nicht unser Ziel, so Geld zu sparen."
Auslöser für dieses Angebot ist der Suizid der 27-jährigen Frau aus Flaach ZH, die 2015 ihre beiden Kinder getötet hatte. Fehr kündigte daraufhin an, die Bedingungen in der Untersuchungshaft zu verbessern, um Suizide wenn immer möglich zu verhindern.