Auf einen Blick
- Markus O. bleibt unauffindbar und das Hotel geschlossen
- Mehrere Verfahren sind wegen fehlendem Beschuldigten blockiert
- Markus O. ist seit Monaten verschwunden
Wo ist Markus O.* (36), der Wirt des Hotels Schwert in Gersau SZ? Seit März ist das Hotel am Ufer des Vierwaldstättersees geschlossen. Der Bezirksrat hat dem untergetauchten O. die Betriebsbewilligung schon lange entzogen. Sein Sündenregister ist lang: offene Rechnungen von Lieferanten, unbezahlte Angestelltenlöhne, Ungehorsam gegenüber den Behörden, unvollständig bezahlte Sozialabgaben.
Trotz all dem: Die Behörden können O. nicht zur Rechenschaft ziehen. Sein Trick: Er versteckt sich. Am Donnerstag liess er den nächsten Termin platzen. Nach drei geschwänzten Verhandlungen vor dem Friedensrichter hätte er am Bezirksgericht Gersau erscheinen sollen. Er kommt wieder nicht. Per Gerichtsbeschluss hätte er endlich aus dem Mietvertrag gezwungen werden sollen. Der Wirt kann durch seine Abwesenheit ein weiteres Urteil gegen sich selbst vorerst verhindern.
Ex-Angestellte konnte Miete nicht mehr bezahlen
Das Hotel-Drama dauert schon Monate. Die ehemaligen Angestellten haben sich im Dezember Hilfe suchend an Blick gewandt. «Wir sind verzweifelt, niemand kann uns helfen», sagte Nicholas Billaney (45), der ehemalige Restaurantleiter. «Ich kann die Miete nicht mehr bezahlen», sagte Heike Möller (59), die für das Frühstück und das Buffet zuständig gewesen ist. Sie und vier weitere Ehemalige protestierten vor dem Hotel, weil Markus O. ihnen die Löhne nicht bezahlte. Der Wirt beschwichtigte die Leute und versprach, die Schulden schnell zu begleichen. Bis heute geschah nichts dergleichen. Einen Teil der Löhne hat mittlerweile die Ausgleichskasse berappt – also der Steuerzahler. Immerhin: Die ehemaligen Schwert-Angestellten haben heute alle einen neuen Job.
Wirt Markus O. kann sich zwar seit Monaten vor den Behörden verstecken, ist aber per Handy erreichbar. Auch für Blick. Mehrmals. Problemlos. Seinen Aufenthaltsort will er jedoch nicht preisgeben. Er sagt immer wieder, dass alle anderen schuld seien an der Misere. Die Angestellten hätten ihn bestohlen. Die Pächterfamilie schulde ihm viel Geld. Er behauptet am Telefon, dass er die Hotel-Schlüssel abgegeben habe. Und er bestreitet, dass er untergetaucht sei. Diese Aussagen stimmen alle nachweislich nicht. Nur die Schulden gegenüber den Lieferanten gibt er zu. Die werde er aber abzahlen.
Richter telefonierte auch mit dem Wirt
Auch der Gerichtspräsident des Bezirksgerichts Gersau, Thomas Kaufmann, kann Markus O. kurz vor der Verhandlung erreichen. «Er hat geglaubt, der Termin sei erst in vier Tagen», erklärt Kaufmann den Anwesenden im Gerichtssaal am Anfang der Gerichtsverhandlung. «Er hat versprochen, ein Schreiben aufzusetzen, dass er das Schwert auf Ende September abgibt. Wir warten jetzt bis Mitte nächste Woche, ob er sein Versprechen einhält.»
Die chinesische Familie Liu, die seit 2012 das Hotel Schwert gepachtet hat und im April 2023 an Markus O. unterverpachtete, ist mit dem Entscheid unzufrieden. Melissa Liu (54) sagt zu Blick: «Er hat jetzt bereits drei Termine beim Friedensrichter mit komischen Begründungen geschwänzt. Jetzt ist er wieder nicht da, und wir können noch immer nicht in das Hotel! Wir haben schon die ganze Hauptsaison verpasst. Jetzt sollen wir noch einen Monat warten?» Markus O. habe seit Februar keinen Mietzins mehr gezahlt, sagt Liu. Und – entgegen seiner eigenen Aussage – habe O. die Schlüssel noch immer nicht übergeben.
Keine Adresse, kein Strafverfahren
Sogar die Staatsanwaltschaft Schwyz wird durch die fehlende Adresse des Gastronomen ausgebremst. Sie führt gegen ihn eine Strafuntersuchung wegen Misswirtschaft, Betrugs, Drohung sowie mehrfacher Verletzung der Auskunfts- oder Meldepflicht. Dieses Verfahren aber wurde sistiert. Grund: «Im vorliegenden Fall ist der Aufenthalt des Täters unbekannt. Die Staatsanwaltschaft hat die Fahndung eingeleitet», steht in der Sistierungsverfügung. Das Schreiben stammt vom vierten Juli. Markus O. ist sieben Wochen später noch immer auf der Flucht. Fahndung hin oder her.
Vergehen sind zu gering für Überwachung
Die Frage stellt sich, warum die Justiz Markus O. nicht einfach mithilfe seines Mobiltelefons ortet, abholen lässt und vor Gericht stellt. Die zuständige Staatsanwältin schreibt Blick, dass zum laufenden Verfahren keine Auskunft gegeben werden kann. Sie erklärt aber die Situation im Allgemeinen: Für die Anordnung einer Telefonüberwachung brauche es unter anderem die Begehung einer Katalogtat. Das heisst in der Schweiz ein Tötungsdelikt, schwere Körperverletzung, qualifiziertes Vermögensdelikt, Raub, Sexualdelikt oder Diebstahl in Verbindung mit Hausfriedensbruch. Im Fall von Markus O. ist all das nicht gegeben.
Wie schnell das Dorf Gersau sein schönes Hotel Schwert wieder zurückerhält, hängt jetzt vom Urteil des Bezirksgerichts ab. Wenn Markus O. aus dem Mietvertrag ausgewiesen wird, auch ohne anwesend zu sein, kann die Familie Liu endlich einen neuen Wirt engagieren.
* Name geändert