Gewalt gegen Frauen
Frauensession verlangt Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht

Am zweiten Tag der Frauensession im Bundeshaus haben die Teilnehmerinnen ihre Forderungen zum Thema Gewalt gegen Frauen formuliert. Sie verlangen, dass das Konsensprinzip im Strafrecht verankert wird, um Frauen bei Vergewaltigungen besser zu schützen.
Publiziert: 30.10.2021 um 11:56 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2021 um 12:38 Uhr
Teilnehmerinnen verfolgen die Frauensession 2021.
Foto: PETER KLAUNZER

Pünktlich um 8.15 Uhr hat am Samstag im Bundeshaus in Bern der zweite Tag der Frauensession begonnen. Die Frauen verlangen, dass das Strafgesetzbuch angepasst wird. Die explizite Zustimmung zum Geschlechtsverkehr solle im Gesetz verankert werden.

Wer ein Nein des Gegenübers oder nonverbale Zeichen übergeht, macht sich nach heutigem Recht nicht zwingend einer Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung schuldig.

«Wir hoffen auf grosse Unterstützung, dass wir ein Zeichen setzen und uns hinter die Betroffenen von sexualisierter Gewalt stellen», sagte Noemi Grütter für die Kommission. Frauen, die vergewaltigt werden, würden oft in eine Schockstarre (Freezing) fallen und sich nicht wehren können. Dies sei wissenschaftlich belegt. «Diese Fälle werden durch das Strafrecht heute nicht abgedeckt.»

In der Schweiz erlebe jede zehnte Frau sexuelle Handlungen gegen ihren Willen. «Das ist die ganze Stadt Zürich.» So viele Frauen würden Übergriffe erleben. «Es wird Zeit, dass wir anerkennen, dass Sex ohne Zustimmung eine Vergewaltigung ist.» Für straffreie sexuelle Handlungen soll ein Ja vorausgesetzt werden.

Der Bundesrat wird darüber hinaus mit einer Motion aufgefordert, schweizweit eine einheitliche Herangehensweise bei der Beweissicherung sicherzustellen. Im Kanton Bern wird nach dem sogenannten «Berner-Modell» seit 1986 die ärztliche Beweissicherung bei sexualisierter Gewalt durch speziell ausgebildete Beamtinnen und Beamte durchgeführt, ohne dass die Polizei eingeschaltet wird.

Weiter verlangen die Frauen vom Bundesrat, dass der Vergewaltigungstatbestand geschlechtsneutral formuliert wird. Heute kann zum Beispiel niemand wegen Vergewaltigung verurteilt werden, wenn das Opfer ein Mann ist.

«Wir alle haben mit mehr oder weniger Intensität Gewalt erlebt. Wir dachten alle, wir seien dem einfach ausgeliefert», sagte Itziar Marañón für die Kommission. «Geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt sind Teil dieses Systems. Sie prägen uns und prägen, wie wir uns in bestimmten Situationen reagieren.»

Um die Prävention zu verbessern, fordern die Frauen, dass der Bundesrat ein jährliches Budget von 0,1 Prozent des Brottoinlandprodukts BIP in den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt und die Bekämpfung von Gewalt investiert.

Schliesslich wird der Bundesrat aufgefordert, wiederkehrende nationale Präventionskampagnen zu lancieren.

Weiter auf der Tranktandenliste stehen am Samstag Forderungen zur Stellung der Frau in der Forschung, an den Hochschulen, in der Landwirtschaft und der Mutterschaft. Die Frauensession geht am Nachmittag mit den Schlussabstimmungen zu Ende.

(SDA)

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