An der Entscheidung, die Wahl trotz der Ausbreitung des Coronavirus stattfinden zu lassen, gibt es massive Kritik. Viele befürchten, dass das Ergebnis wegen geringer Wahlbeteiligung nicht repräsentativ sein könnte.
Am Mittag lag die Wahlbeteiligung nach offiziellen Angaben bei 18,38 Prozent. Das sind fünf Prozentpunkte weniger als bei den letzten Kommunalwahlen 2014.
Präsident Emmanuel Macron verteidigte bei der Stimmabgabe im nordfranzösischen Badeort Le Touquet seine Entscheidung, an der Wahl festzuhalten. Er sei nicht nur für die Gesundheit der Bürger, sondern auch für das demokratische Leben in Frankreich verantwortlich, sagte er. Dem 42-Jährigen droht bei der Wahl eine Quittung für seine Reformpolitik. Seine Partei La République en Marche ist in den Regionen ausserdem nicht gut verankert.
Premierminister Édouard Philippe hatte am Samstagabend angekündigt, dass im Kampf gegen das Coronavirus bis auf Weiteres alle nicht lebensnotwendigen Einrichtungen geschlossen bleiben müssen. Dazu zählen Bars, Restaurants und zahlreiche Läden. Die Wahlen könnten allerdings trotzdem stattfinden, wenn entsprechende Vorsichtsmassnahmen eingehalten würden.
In Frankreich herrschte teilweise Unverständnis über diese Entscheidung. Es gab zahlreiche Aufrufe, etwa von medizinischem Fachpersonal, zu Hause zu bleiben, um das Virus nicht weiter zu verbreiten. «Die Kommunalwahlen unter diesen Bedingungen abzuhalten, ist wahnwitzig», monierte der Vizepräsident des Senats, Philippe Dallier.
Die Regierung hatte den Wählern empfohlen, einen eigenen Stift mitzubringen, um sich vor dem Virus zu schützen. Auch sollten genug Abstand gewahrt und die Wahlkabinen regelmässig desinfiziert werden. Macron desinfizierte sich nach seinem Wahlgang in Le Touquet die Hände. Er sei bisher nicht auf das Coronavirus getestet worden und habe auch keine Symptome, sagte er.
Im Pariser Wahllokal Nr. 57 lag am Sonntagmorgen der Geruch von Desinfektionsmittel in der Luft. Bei Helferin Manon Havent mussten die Wähler nach der Wahl unterschreiben. Anschliessend wischte sie jedes Mal die Fläche ihres Tisches ab. Der Grossteil der Wählerinnen und Wähler komme mit einem eigenen Stift, sagte sie. Wenn jemand keinen habe, könne das Wahllokal einen desinfizierten Stift anbieten.
Um genügend Abstand zwischen die Wartenden zu bringen, sind auf den Boden Marker mit Klebe- und Absperrband angebracht. «Alles läuft normal», sagte Emmanuelle Montemont, die für den Ablauf in dem Wahllokal im 12. Arrondissement von Paris verantwortlich ist. «À voter», rief sie und winkte die nächste Person an die Wahlurne. Dass wegen des Coronavirus mehr Menschen einen Bogen um diese machen würden, sei dort bis Sonntagmittag nicht der Fall gewesen.
Auch Menschen mit Schutzmaske kamen zur Wahl. Ein Mann streifte den hellgrünen Mundschutz kurz von seinem Gesicht und nickte der Wahlhelferin lächelnd zu, bevor er die Maske wieder über die Nase zog. Vor einigen Wahllokalen in Paris bildeten sich Schlangen. Die Wähler dürften nur in einzelnen Grüppchen in die Räumlichkeiten, damit es innen nicht zu voll werde, erklärte ein Sicherheitsmann vor einem Wahllokal in einer Schule im Osten von Paris.
Bei der Kommunalwahl wird in Frankreich über die Machtverhältnisse in den Kommunalparlamenten abgestimmt. Auch 330'000 in Frankreich lebende EU-Bürger dürfen wählen. Wo keine absolute Mehrheit erreicht wird, soll es am 22. März einen zweiten Wahlgang geben, zu dem alle Listen mit mehr als zehn Prozent aus dem ersten Wahlgang antreten dürfen. Ob diese zweite Runde in Zeiten der Coronavirus-Krise stattfinden wird, ist durchaus fraglich.
Spannend dürfte auch werden, wer sich im Rennen um das Bürgermeisteramt in Paris behauptet - dort tritt die für ihre fahrradfreundliche Politik bekannte Sozialistin Anne Hidalgo noch einmal an und liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Konservativen Rachida Dati. Interessant wird auch, ob die Partei von Macrons Erzfeindin Marine Le Pen ihre Erfolge von den letzten Kommunalwahlen halten oder sogar noch weitere Rathäuser erobern kann. Damals waren die Rechten der grosse Gewinner der Wahlen. Sie sind vor allem im strukturschwachen Norden und im Süden stark.
(SDA)