Film
In «Immortals» verteidigen zwei junge Menschen im Irak ihre Träume

In ihrem Dokumentarfilm «Immortals» zeichnet die Filmemacherin Maja Tschumi aus der Schweiz ein berührendes und bildstarkes Porträt zweier junger Menschen in Bagdad. An den Solothurner Filmtagen hat der politische Film Chancen auf den «Prix de Soleure».
Publiziert: 10:35 Uhr
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"Immortals" zeigt die Proteste und brutalen Auseinandersetzungen in Bagdad von 2019 durch die Linse von Protagonist und Kameramann Khalili.
Foto: Handout/Cineworx
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Erst auf den zweiten Blick merkt man, dass sich unter der Hygienemaske und der Kappe kein junger Mann, sondern eine Frau Anfang zwanzig verbirgt. Milo trägt ihr Haar kurz und geht in weiter Kleidung durch die irakische Hauptstadt. Vor einiger Zeit hat sie gemerkt: Wenn sie als Mann wahrgenommen wird, geniesst sie Privilegien, die ihr als Frau verwehrt sind. «Immer, wenn ich mich wie ein Mann verhalten muss, hasse ich mich selbst», erklingt Milos Stimme aus dem Off. «Denn ich bin stolz, eine Frau zu sein. Aber ich bin dazu gezwungen. Damit ich als Frau leben kann.»

Milo ist eine der beiden Hauptfiguren im Film «Immortals» der in Zürich und Berlin lebenden Filmemacherin Maja Tschumi. Der Dok fängt die Stimmung nach den irakischen Protesten von 2019 und 2020 ein. Junge Demonstrierende errichteten ganze Zeltstädte, eine davon auf dem Tahrir-Platz in Bagdad. Sie forderten unter anderem das Ende von Korruption, Arbeitslosigkeit und der Einmischung anderer Länder.

Rückblickende Aufnahmen aus der Zeltstadt auf dem Tahrir-Platz vermitteln eine Aufbruchstimmung. Eine hoffnungsvolle Zukunft schien zum Greifen nah. Doch nun - wir befinden uns im Jahr 2022 - ist davon kaum mehr etwas zu spüren. Milo bezahlte einen hohen Preis für ihre Teilnahme an den Protesten. Ihre Familie hat ihren Pass verbrannt. Ein Jahr lang wurde sie von ihrem Vater eingesperrt. Für Milo ist klar: Hier findet sie die Freiheit nicht. Mit ihrer Freundin träumt die feministische Milo von einem Leben an einem anderen Ort. Und obwohl die beiden wütend, mal traurig sind wegen der vielen Missstände, schaffen die vertrauten Treffen atmosphärische Bilder - ohne einem unangebrachten Kitsch zu verfallen.

Der Dreh von «Immortals» begann im Frühling 2022 und dauerte ein Jahr. Der Film ist in drei Kapitel geteilt, im zweiten erfahren wir von Khalili. Der junge Mann hat das Leben in den Zelten und die Proteste teilweise mit mehreren Kameras gleichzeitig aufgenommen. Sein Filmmaterial findet ebenfalls Eingang in den Dok. Es zeigt erschütternde Bilder von Auseinandersetzungen mit der Polizei und exzessiver Gewalt.

Geschrieben hat Tschumi den Dokumentarfilm gemeinsam mit den beiden Hauptfiguren. Im dritten Kapitel werden beide gezeigt, wie sie vor wichtigen Entscheidungen für ihre Zukunft stehen. Im Film begegnen sie sich aber nie.

Mit «Immortals» ist Maja Tschumi ein einnehmendes Porträt zweier junger Menschen gelungen, die für eine ganze, sich nach Freiheit sehnende Generation stehen. Die Doku lädt ausserdem ein, über das Medium Film nachzudenken und seine Rolle in politischen Ausnahmezuständen. So wird Khalili auch beim Filmen gefilmt. Obwohl seine Bildsprache eine andere ist als jene von Kamermann Silvio Berger, beisst sich die Kombination nicht.

Im Vorspann wird angekündigt, dass einige Szenen nachgestellt wurden. Diesen Eindruck hinterlässt vor allem der erste Teil des Films, der sich um die rebellische Milo dreht. Das wirft Fragen auf, wenn nicht klar ist, welche Gespräche und Ereignisse nun gestellt sind. Es mindert die Bedeutung der Szenen für den Film aber nicht.

«Immortals» wird am Freitag und am Montag an den Solothurner Filmtagen gezeigt und feiert damit Schweizer Premiere. In den Deutschschweizer Kinos läuft am 17. April an. Er ist für den mit 60'0000 Franken dotierten «Prix de Soleure» nominiert. Dieser richtet sich an Filme mit einem humanistischen oder gesellschaftskritischen Inhalt.

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