Die Felsbrocken stürzten in der Nacht auf Dienstag, ganz kurz nach Mitternacht vom 3085 Meter hohen Flüela Wisshorn in die Tiefe. Der Berg liegt nordöstlich des Flüelapasses. Das Ereignis lässt sich so präzise bestimmen, weil die Messgeräte des Schweizerischen Erdbebendienstes die Erschütterung aufzeichneten.
Wie viel Material effektiv zu Tal stürzte, kann vorläufig nur geschätzt werden. Andreas Huwiler, Geologe beim Bündner Amt für Wald und Naturgefahren, vermutet, dass der Felssturz einige zehntausend Kubikmeter Material umfasst.
Trotz des spektakulären Anblicks des abgestürzten Materials auf Schnee: Eine riesige Menge ist das nicht, weshalb der Abgang als Fels- und nicht als Bergsturz bezeichnet wird. Zum Vergleich: Allein am 23. August 2017 waren am Piz Cengalo im Bergell GR rund drei Millionen Kubikmeter Gestein zu Tal gekracht.
Grosse Felsstürze träten nicht nur im Sommer, sondern das ganze Jahr über, erklärte Geologe Huwiler. Viele davon würden gar nicht wahrgenommen, da sie abseits in der Gebirgslandschaft stattfänden. Dabei handle es sich jeweils um einen länger dauernden Prozess. Auftretende Wärme sei nur ein Element von vielen.
Am Piz Kesch sei ein solcher Felssturz im Winter schon vorgekommen, am Parpaner Weisshorn, an der Amselflue bei Arosa oder im Val Strem im Bündner Oberland. Die Ursachen seien komplex und würden untersucht.
Bei grösseren und grossen Felsstürzen spielten sich Prozesse wie Verwitterung, Gletscherrückgang oder Temperaturschwankungen über mehrere Jahrzehnte ab, erklärte Jeannette Nötzli, Permafrost-Forscherin am WSL-Institut für Schnee und Lawinenforschung SLF in Davos, auf Anfrage.
Die Tageszeit spiele bei einem Abgang vor dem Hintergrund langwieriger Prozesse eigentlich keine Rolle. Dennoch war es ein grosses Glück, dass der Fels am Flüela Wisshorn um Mitternacht losbrach, da dieses Gebiet sehr beliebt bei Skitouren-Gängern ist.
Die Lawine, welche der Felssturz auslöste, verschüttete die Skitouren-Route zur Flüela Winterlücke. Eine Informationstafel der Gemeinde weist auf das Ereignis hin. Empfohlen wird, das Gelände weiträumig zu meiden, da jederzeit weiterer Fels vom Berg herunter kommen könnte.