Giezendanner, Binder und Steinegger. Gerade drängt der Nachwuchs bekannter Politiker ins Bundeshaus (BLICK vom 29. Juli). Doch das kommt nicht nur bei Politikern vor, sondern auch bei Ärzten, Polizisten, Lehrern – und auch bei Schreinern. Das beste Beispiel dafür ist Familie Slamanig aus Inwil LU. Vater Josef Slamanig (82) ist Schreiner, die drei Söhne Stefan (55), Georg (53) und Erich (49) sind Schreiner, Enkel Andrea (23) ist Schreiner. Und Leon (15) beginnt seine Lehre am Montag – als Schreiner. Das sind sechs Personen, drei Generationen, eine Familie. Nur Erich Slamanig ist heute nicht mehr Schreiner, doch dazu später.
Eltern sind wichtige Rollenmodelle
Überraschend oft wählen Kinder den gleichen Lebensweg wie die Eltern. Wieso, weiss Andreas Hirschi. Er ist Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Uni Bern. «Eltern sind wichtige Rollenmodelle», sagt er. Kinder lernen über ihre Eltern, welche Berufe existieren, und spüren, wie Eltern diesen Beruf bewerten. Mögen Vater und Mutter, was sie tun, vermitteln sie das bewusst oder unbewusst auch ihrem Nachwuchs. Eltern beeinflussen ihre Kinder aber auch indirekt: Welche Menschen kennen sie, welches Netzwerk haben sie beispielsweise für Schnupperlehren, wie wird über die Arbeitswelt zu Hause gesprochen?
Schon als Kind in der Schreinerei
Georg Slamanig war als Bub oft mit seinem Vater in der Schreinerei. Schon als Kind war klar: Ich werde Schreiner! Auch für Stefan war logisch, dass aus ihm ein Schreiner wird.
Während Georg die Schreinerei des Vaters mit 13 Angestellten noch heute führt und lokal tätig ist, hat sein Bruder Stefan die Traditionsfirma Obrist Interior AG übernommen. Ein Betrieb mit 60 Mitarbeitern. Die kleine Schreinerei und das international tätige Unternehmen Obrist stehen nebeneinander. Die Brüder lieben ihren Beruf noch immer – zu sehen, wie aus Rohholz ein Möbel wird, von Anfang bis Ende alles selber zu machen.
Erich (49) mag das auch. Doch nach der Lehre als Antikschreiner hatte er eine Freundin, welche Schauspielerin war. «Da habe ich eine ganz neue Welt kennengelernt», erzählt er. Erich ging an Zirkusschulen in den USA und in Paris. Er nennt es ein Ausbrechen aus der Sicherheit des elterlichen Umfelds. «Es war eine Provokation. Ich wollte der Familie zeigen, dass ich in einem anderen Handwerk gut bin.» Zu Beginn hätten sie ihn belächelt. Dann merkten sie: Er hat Talent. Am Familienzusammenhalt änderte sein Ausstieg nichts. Heute coacht der diplomierte Pädagoge Schüler, die das zehnte Schuljahr machen. Sein Ziel: «Diesen Jugendlichen Mut zu geben, ihren ganz eigenen Weg zu finden.» Also das zu tun, was er selber getan hat.
Berufswahl soll eigenständiger Entscheid sein
Für Thomas Eichenberger aus Villnachern AG, der Firmen und Einzelpersonen coacht, ist das der zentrale Punkt: «Die Berufswahl soll ein eigener Entscheid der Jugendlichen sein.» Ob es nun der Beruf der Eltern oder ein ganz anderer ist. Aber die Gefahr besteht, dass Kinder, die den gleichen Beruf wie ein Elternteil ergreifen, damit den einfachsten Weg wählen.
Leon, der jüngste Slamanig-Schreiner, hat Schnupperlehren in verschiedenen Berufen gemacht, bevor er sich entschied. Er freut sich, dass am Montag sein Leben als Lehrling beginnt. Und Vater Stefan freuts, dass er ein Schreinerlehrling wird. Genauso gut aber wäre auch Krankenpfleger oder ein anderer Beruf gewesen, sagt er. Wichtig ist für die Brüder Slamanig, dass die Kinder ihren eigenen Weg einschlagen.