Sie geben sich am Telefon als Polizisten aus, versetzen mit Vorliebe ältere Frauen in Angst – und machen sich mit deren Erspartem davon. Fast vier Millionen Franken haben falsche Polizisten allein 2018 ergaunert. Nun wird ihre Masche noch frecher: Die Bestohlenen werden beim nächsten Opfer gleich noch als Geldkurier missbraucht!
Nun bricht eines der Opfer sein Schweigen. Elsa R.* (79) ist den Betrügern im Januar 2018 auf den Leim gekrochen. «Ich kam mir wie eine ferngesteuerte Marionette vor», beschreibt die ehemalige Kauffrau ihre Erfahrungen.
Aus Opfern werden unfreiwillige Geldkuriere
«Der Telefonanruf kam am Vormittag des 3. Januar 2018. Es meldete sich eine Frau Müller von der Kriminalpolizei», erinnert sich R. «Sie sagte, es sei in meiner Nähe mehrfach eingebrochen worden. Dabei habe man ein rotes Notizbuch gefunden. Und darin sei mein Name vermerkt.»
Die alte Frau bekam Angst – denn tatsächlich wurde im Quartier häufig eingebrochen. Dann behauptete die falsche Polizistin: Nicht einmal das Geld auf der Bank sei sicher. «Sie sagte, man vermute dort Komplizen der Diebe. Ich soll mein Geld von der Bank holen und ihr zur Aufbewahrung bringen.»
Die Rentnerin hob über 16'000 Franken ab. Und wurde nach Zürich bestellt. «Dort wurde ich mit einem vermeintlichen Kommissar verbunden, der mich zum Haus einer Olga P. lotste. Dort wurde ich von einer alten Frau eingelassen. Wie befohlen sagte ich ihr, ich käme von der Polizei, das Geld holen. Für die 30'000 Franken stellte ich ihr noch eine Quittung aus.»
Erst viel später konnte sich Elsa R. darauf einen Reim machen: Olga P. war schon das nächste Opfer. Und sie selber machte gerade die Drecksarbeit für die Betrüger. Insgesamt 46'200 Franken übergab Elsa R. beim Hauptbahnhof den Gaunern.
Tausendernoten auf dem Stubentisch verteilt
Bereits fünf Tage später hatten die Gauner schon nachgedoppelt. Sie schickten ihr Opfer gleichentags mit Zug oder Taxi nach Langenthal und Schaffhausen, um bei zwei weiteren Geschädigten 30'000 Franken abzuholen. Die Geldübergabe fand diesmal in Dietikon ZH statt.
«In Schaffhausen lagen die Tausendernoten auf dem Stubentisch verstreut», entsinnt sich Elsa R. «Die Frauen machten alle einen ängstlichen Eindruck, wie ich selber wohl auch. Wir mussten uns alle an die absolute Schweigepflicht halten.» Bitter: Neben ihrem verlorenen Geld kamen für Elsa R. am Ende noch über tausend Franken Taxikosten hinzu.
Sie appelliert jetzt an ihre Altersgenossinnen: «Seien Sie wachsam, damit es Ihnen nicht wie mir ergeht. Schliesslich lebe ich nur von der AHV und einer kleinen Pension. Ich habe wohl vom Enkeltrick-Betrug gelesen, jedoch nichts von falschen Polizisten mitbekommen.»
Im Fall von Elsa R. war die echte Polizei erfolgreich – und schnappte die falschen «Kollegen». Der türkische Bäcker Ali P. (33), der für das Ausspionieren der Opfer und das Einziehen der Gelder zuständig war, wurde im November vom Zürcher Bezirksgericht wegen gewerbsmässigen Betrugs und Geldwäscherei zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte innert drei Monaten siebzehn ältere Damen (68 bis 89 Jahre alt) um 710'000 Franken erleichtert.
* Namen geändert