«Wir mussten schon 17 Ster in einen Garten stellen»
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Holz-Verkäufer am Anschlag:«Wir mussten schon 17 Ster in einen Garten stellen»

Extreme Brennholz-Nachfrage stellt Produzenten Samuel Bischofberger (29) vor Probleme
«Jede vierte Kiste wird geklaut!»

Aus Angst vor dem Blackout hamstern Cheminée-Besitzer Holz. Wie extrem die Nachfrage explodiert ist, erzählen zwei sehr unterschiedliche Holzproduzenten.
Publiziert: 17.09.2022 um 20:26 Uhr
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Aktualisiert: 22.09.2022 um 15:58 Uhr
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Samuel Bischofberger (29) produziert Berge von Brennholz, doch genug ist es noch nicht. «Im Moment haben wir eine Wartefrist von drei Wochen», sagt er. Dabei ist es noch immer Sommer und die grosse Bestellrunde kommt normalerweise erst im Herbst.
Foto: Siggi Bucher
Beat Michel (Text) und Siggi Bucher (Fotos)

Wer jetzt beim Bauern Holz kaufen will, hat Pech. «Wir liefern nur an Stammkunden», heisst es auf der Homepage. Ans Telefon kriegt man den Landwirt aber nicht. Und das seit Wochen! Die grosse Nachfrage hat die meisten Waldbesitzer und Holzhändler eiskalt erwischt. Denn Brennholz kann man nicht einfach schnell ein bisschen mehr ernten. Was jetzt verkauft wird, wurde mindestens zwei Jahre lang gelagert. Eine Ausnahme aber gibt es: der umtriebige Brennholzhersteller Samuel Bischofberger (29) aus Stetten AG. Er baut auf die Express-Trocknung durch Abwärme aus Industrie und Stromproduktion – und produziert Berge von gespaltenem Holz.

Der junge Unternehmer packt überall selber mit an, liefert mit dem Lastwagen die Paletten Holz aus. Dabei erlebt er krasse Fälle: «Gestern hat ein Kunde hundert 15-KG-Packungen bestellt. Einem anderen habe ich 17 Ster im Garten abgeladen. Das werden die nie verbrennen können. Das Holz wird ja auch schlecht, wenn man es so rumstehen lässt. Ich verstehe diese Leute nicht.»

25 Prozent werden geklaut

Richtig schlimm findet er, dass massenweise Holz geklaut wird. Er sagt: «Im Moment wird beim Selbstbedienungsstand jede vierte Kiste ohne zu bezahlen mitgenommen», sagt er wütend. Etwas dagegen tun könne er nicht. Alle seine Leute seien jetzt in der Holzproduktion absorbiert. «Sogar meine Eltern helfen mit.»

Auf dem Areal seiner Firma stehen im Moment gut 30'000 Karton zu 15 Kilogramm für die Migros bereit. Und die Produktion läuft auf Hochtouren weiter. Eine riesige Sortiermaschine trennt in der angrenzenden Halle die Scheiter vom Staub und Dreck. Auf dem Vorplatz stampft eine riesige Spaltmaschine. Bischofberger hat sie mit einem Kumpel innerhalb von einem Jahr selber gebaut. Er kann damit riesige Stämme ruckzuck in Holzscheite verwandeln. Sie wurde gerade rechtzeitig für die Holzhysterie fertig.

Abwärme aus Biogas-Strom und Pyrolyse

Doch das Herz von Bischofsbergers Produktion befindet sich auf externen Bauernhöfen und Fabriken. «Ich nutze die Abwärme von Biogas-Kraftwerken oder von Pyrolysenanlagen», sagt er. Bei den ersten wird aus Kuhgülle und Mist Methangas produziert, das wiederum mit einem Motor Strom erzeugt. Bei der Pyrolyse wird aus bisher ungenutzte Biomasse wie Grünschnitt Kohle hergestellt, die dann wieder der Erde beigemischt wird und somit CO2 aus der Luft im Boden fixiert. Beide Verfahren produzieren massenhaft Abwärme, mit der Bischofberger Holzscheite trocknet. An jedem der zehn Orte stehen riesige Container, die je zehn Ster Holz trocknen.

Weil Samuel Bischofberger dank den riesigen Holztrocknern in der Region als einziger noch immer massenhaft Feuerholz produzieren kann, hilft er auch Waldbesitzern aus, denen die Scheite ausgegangen sind. Darunter auch der Stadt Zürich, und den Aargauer Gemeinden Lenzburg, Bremgarten und Birsfeld. Im Vergleich zum letzten Jahr ist der Preis pro Ster Buche um 15 Prozent auf 250 Franken gestiegen, dazu kommen 40 Franken für die Lieferung.

Holz lagert mindestens zwei Jahre

Auch die grossen Waldbesitzer wie der Kanton Zürich mit dem Staatswald müssen Brennholzinteressierte aktuell abweisen. Sandro Krättli (38), Leiter Staatswald, sagt: «Unsere Stammgäste, darunter auch viele private Kunden und Pizzerias, geben uns den Massstab, wie viel Brennholz wir jährlich bereitstellen. Unser Holz lagert dann mindestens zwei Jahre, bis es den richtigen Trockenheitsgrad erreicht hat. Dass jetzt so viel Holz gesucht wird, war nicht vorauszusehen. So etwas hat es beim Stückholz für Öfen seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Unseren Stammkunden liefern wir weiter die üblichen Mengen. Neue Kunden setzen wir auf eine Warteliste, in gewissen Regionen weisen wir sie sogar ab.»

«Das Telefon läuft heiss – Stammkunden haben Priorität»
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Nachfrage nach Brennholz:«Das Telefon läuft heiss – Stammkunden haben Priorität»

Auch eine spontane Verkürzung der Lagerdauer kommt für den Leiter des grössten Waldes des Kantons Zürich nicht in Frage. «Wir sind verpflichtet, nur hochwertige Ware zu verkaufen. Zu feuchtes Holz geben wir nicht in den Verkauf.»

Von dem vielen Sturmholz, das vor zwei Jahren angefallen ist, ist nichts mehr übrig. «Die generelle Nachfrage nach Holz ist 2021 auf dem internationalen Markt stark gestiegen», erklärt Krättli. «Und Sturmholz wäre ohnehin nicht einfach nur Holz von schlechter Qualität. Dieses Holz haben wir bereits verkauft.»

Angebot nicht beliebig ausbaubar

Auch in der Zukunft kann das Angebot an Brennholz nicht beliebig erhöht werden, sagt Krättli: «Schon heute sind wir mit den vielen grossen Schnitzelheizungen für die Fernwärme nahe an einer Kapazitätsgrenze.»

Nur etwa acht Prozent des Holzes wird für Kleinfeuerungen verarbeitet. Das meiste der Bäume wird in hochwertige Segmente eingeteilt. «Wir sind verpflichtet, den Wald nachhaltig zu pflegen», erklärt Sandro Krättli. «Unser Fokus liegt beim Wald und allen Waldleistungen. Erst nach dem Fällen wird entschieden, wofür das Holz geeignet ist. Brennholz fällt quasi als Koppelprodukt der restlichen Sortimente an. Das heisst schlechte Qualität, befallenes Holz oder die noch sinnvoll verwertbare Äste aus der Baumkrone.»


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