Es sei ihr eine Ehre, die Gremien im Bundeshaus empfangen zu dürfen, sagte Maury Pasquier am Montag vor den Medien in Bern. Der Europarat feiert dieses Jahr sein 70-jähriges Bestehen. Er war vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet worden mit dem Auftrag, sich als «Gewissen Europas» für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen. Heute zählt er 47 Mitgliedsländer mit insgesamt 830 Millionen Menschen.
Maury Pasquer erinnerte an die Errungenschaften des Europarats, namentlich die Europäische Menschenrechtskonvention. Heute würden die Werte des Europarates und die Idee eines geeinten Europas allerdings zunehmend in Frage gestellt.
Populistische Reden und schwerwiegende Angriffe auf die Menschenrechte stellten Herausforderungen dar, denen sich der Europarat und die Parlamentarische Versammlung stellen müssten. Sie müssten eine Plattform für den Dialog bleiben.
Die Gremien, die am Montag und Dienstag in Bern tagen, werden die Session der Parlamentarischen Versammlung vorbereiten, die Ende September in Strassburg beginnt.
Im Zentrum steht dabei ein neues Verfahren von Ministerkomitee und Parlamentarischer Versammlung im Umgang mit Mitgliedstaaten, die sich nicht an ihre Verpflichtungen halten. Maury Pasquier zeigte sich überzeugt, dass dies den Europarat stärken werde.
Die parlamentarische Versammlung wird an ihrer Session im Oktober auch Konflikte thematisieren, insbesondere den Ukraine-Konflikt und dessen Konsequenzen auf die Menschenrechte sowie die Menschenrechtslage in Russland, wie die Präsidentin sagte.
Das Verhältnis zwischen Moskau und dem Europarat war in den letzten Jahren schwierig. Russland hatte wegen Sanktionen die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge eingestellt. Nach seiner zeitweiligen Suspendierung erhielt das Land unlängst wieder alle Rechte als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung.
An der kommenden Parlamentssession dürfte ausserdem der Entscheid des britischen Premierministers Boris Johnson für Diskussionen sorgen, das Unterhaus in eine Zwangspause zu schicken. Möglich wäre beispielsweise eine dringliche Debatte dazu, sagte Maury Pasquier auf eine entsprechende Frage.
An den Vorbereitungen in Bern nehmen rund 20 Personen teil. Neben den Vizepräsidenten und den Kommissionspräsidenten sind auch die Präsidentinnen und Präsidenten der Fraktionen anwesend. Ebenfalls in Bern weilt die französische Staatssekretärin für europäische Angelegenheiten, Amélie de Montchalin. Frankreich hat derzeit den Vorsitz des Ministerausschusses des Europarats inne.
Es ist erst das zweite Mal seit dem Beitritt der Schweiz zum Europarat im Jahr 1963, dass ein Mitglied des Schweizer Parlaments das höchste Amt der Parlamentarischen Versammlung mit Sitz in Strassburg innehat.
(SDA)