Europa errichtet immer mehr tödliche Zäune gegen Flüchtlinge
Geschlossene Gesellschaft

In der Schweiz sind Zäune aus Stacheldraht für Tierarten wie Pferde und Lamas verboten. Zu gefährlich. Einige Länder der EU errichten nun aber noch brutalere Zäune – gegen Menschen. Der sogenannte Nato-Draht hat Millionen messerscharfer Klingen und soll Migranten aus Europa fernhalten.
Publiziert: 03.08.2015 um 16:53 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:04 Uhr
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Foto: Ringier Infographics
Von Guido Felder

Bulgarien baut mit Hochdruck an einem 3,5 Meter hohen Zaun, um die 240 Kilometer lange Grenze zur Türkei abzuriegeln. Der erste, 30 Kilometer lange Abschnitt hatte die Anzahl Einwanderer von 11 000 im Jahr 2013 auf 4000 im Folgejahr reduziert. Ivan Stojanov, Chef der bulgarischen Grenzpolizei, sagt in der britischen Boulevardzeitung «Daily Mail»: «Allein im vergangenen Monat konnten dank des Zauns 500 Migranten angehalten werden.» Der Zaun wird mit Infrarot-Kameras überwacht. Rund um die Uhr stehen Polizisten auf den Wachtürmen. Immer wieder ­beobachten sie verzweifelte Flüchtlinge, die versuchen, den Zaun aufzuschneiden oder ihn mit Leitern und Baumstämmen zu überwinden.

Wie gefährlich der Nato-Draht mit scharfen Klingen ist, zeigt sich vor allem beim berüchtigten Zaun in Melilla. Die spanische Stadt ist eine Exklave im Norden Afrikas und begehrtes Ziel von Migranten. Zu Hunderten rennen sie auf den sieben Meter hohen Zaun zu und klettern hinauf. Viele erleiden schwere Schnittverletzungen, einige sterben.

Bei solchen Anstürmen werden oft auch Grenzwächter verletzt. Die Flüchtlinge gehen – so kurz vor ihrem Ziel – mit äusserster Entschlossenheit und Brutalität vor.

Ungarn begann im Juli mit dem Bau eines 175 Kilometer langen und vier Meter hohen Zauns. Ende August soll die ganze Grenze zu Serbien dicht sein. Seit Anfang Jahr sind 80 000 Flüchtlinge ins Land eingedrungen, die meisten ziehen in reichere Länder weiter. Griechenland schloss schon 2012 die Grenze zur Türkei mit Zäunen, aber auch Gräben, Kameras und sogar Minenfeldern. Davon hat die Partei ­Syriza um Premierminister Alexis Tsipras nun aber genug: Sie erwägt, das ohnehin durch Hochwasser beschädigte «Schandmal» zu entfernen.

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