So stellt sie sich die EU vor
EU-Parlament stimmt am Dienstag über Ursula von der Leyen ab

Das EU-Parlament stimmt am nächsten Dienstag um 18.00 Uhr über Ursula von der Leyen als Präsidentin der EU-Kommission ab. Das teilte ein Sprecher des Parlaments am Donnerstag nach einer Sitzung der Fraktionsvorsitzenden mit Parlamentspräsident David-Maria Sassoli mit.
Publiziert: 11.07.2019 um 11:55 Uhr
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Aktualisiert: 15.07.2019 um 09:22 Uhr
Am kommenden Dienstag wird das EU-Parlament entscheiden, ob die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (links) Jean-Claude Juncker (rechts) als EU-Kommissionspräsident nachfolgen soll. (Archiv)

Am Dienstagmorgen um 9.00 Uhr werde die CDU-Politikerin eine Rede halten, anschliessend werde das Parlament bis 12.30 Uhr über die Personalie debattieren. Bislang war der Dienstag nur als vorläufiger Termin für die Abstimmung genannt worden.

Von der Leyen war in der vergangenen Woche überraschend von den EU-Staats- und Regierungschefs für die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nominiert worden. (Blick berichtete)

Auf Stimmenfang im Parlament

Viele Abgeordnete kritisieren jedoch, dass sich die EU-Chefs über den Wunsch des Parlaments hinweggesetzt haben, nur einen der Spitzenkandidaten zur Europawahl zum Kommissionschef zu machen.

Deshalb wirbt die deutsche Verteidigungsministerin derzeit im Parlament um Unterstützung. Bislang hat sie jedoch nur die eigene Parteienfamilie, die Europäische Volkspartei (EVP), klar hinter sich. Deutliche Ablehnung kam bereits von den Grünen und einem Teil der Sozialdemokraten - etwa den Deutschen.

Am Donnerstagmorgen hatte die Deutsche noch um Unterstützung bei der Fraktion der Linken im EU-Parlament geworben. Auch die will von der Leyen nicht unterstützen.

«Nachdem wir der als EU-Kommissionspräsidentin nominierten Ursula von der Leyen heute Morgen zugehört haben, hat die Gruppe entschieden, dass wir ihre Kandidatur nicht unterstützen werden», teilte der amtierende Fraktionschef Martin Schirdewan mit.

Nötig für die Wahl von der Leyens ist die absolute Mehrheit der aktuell 747 Mitglieder der EU-Volksvertretung, also 374 Stimmen. Von der Leyens konservative EVP kommt jedoch nur auf 182 Abgeordnete.

Wie stellt sich von der Leyen die EU vor?

Als Verteidigungsministerin hat sich Ursula von der Leyen in den letzten sechs Jahren für eine Stärkung Europas im Militärbereich eingesetzt. Vor der Abstimmung des EU-Parlaments über die Ernennung zur EU-Kommissionspräsidentin muss sie in den Fraktionen auch zu anderen EU-Politikbereichen Rede und Antwort stehen. So hat sich die sich die Deutsche in den letzten Jahren zu wichtigen Europa-Themen geäussert.

Europäische Integration

Als deutsche Arbeitsministerin sprach sich von der Leyen 2011 für den Aufbau der «Vereinigten Staaten von Europa nach dem Muster der föderalen Staaten Schweiz, Deutschland oder USA» aus. Eine gemeinsame Währung reiche nicht. Nötig sei eine politische Union. Die EU als Bundesstaat war aber wohl auch für sie eher ein sehr langfristiges Projekt.

Armee der Europäer statt europäische Armee

Dass von der Leyen sich nicht vom Nationalstaat verabschieden will, zeigte auch die Debatte über eine«europäische Arme». Als Verteidigungsministerin sah sie diese Pläne zurückhaltend. Sie plädierte für eine «Armee der Europäer» - wohl wissend, dass in Deutschland auch gemeinsame EU-Auslandseinsätze immer vom Bundestag gebilligt werden müssen.

Finanzhilfen in Krisenzeiten

In der Schuldenkrise schlug von der Leyen 2011 vor, dass in Bedrängnis geratene Länder Sicherheiten für weitere Kredite geben müssen, um die Einhaltung von Sparversprechen auch unter folgenden Regierungen zu garantieren. «Wir wollen ja nicht erleben, dass alle paar Jahre neue Regierungen der Auffassung sind, die Party könne wieder beginnen», sagte sie.

Migration

Die Flüchtlingskrise habe Europa «kalt erwischt», stellte von der Leyen im Juni 2016 fest. Die Europäer hätten die Reisefreiheit im Schengen-Raum genossen, aber nicht «über die unangenehmen Seiten« wie den Schutz der Aussengrenzen, die Flüchtlingsverteilung und die Reform des Asylrechts in Europa sprechen wollen. Im Herbst 2014 nahm von der Leyen vorübergehend einen syrischen Flüchtling bei sich zuhause auf.

Klimaschutz

Nach den Verlusten ihrer Partei, der CDU, bei der Europawahl im Mai forderte sie, «dass wir hier deutlich besser werden müssen». Das Thema Kampf gegen den Klimawandel sei vielleicht «das wichtigste überhaupt», mit dem sich die Europäer in den nächsten Jahren beschäftigten müssten. Frage sei, «wie vereinen wir ein Europa, in dem eine Wirtschaft auch das soziale Europa tragen muss, mit einer guten Umweltpolitik».

Soziales Europa

Als Arbeits- und Sozialministerin setzte sich von der Leyen auf EU-Ebene für einen entschlossene Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit ein. Diese sei «das Damoklesschwert, das über der Zukunftsfähigkeit Europas schwebt», warne sie 2013. Im selben Jahr machte sie sich für Mindestlöhne in der EU stark.

Brexit

Von der Leyen bedauert, aber akzeptiert das Votum der Briten für den EU-Austritt. Ende 2018 kritisierte sie «die hohlen Versprechungen» der Populisten unter den Brexit-Befürwortern. Heute sei klar, «dass durch den Brexit alle verlieren». Umso wichtiger sei, «dass der Brexit in einem geordneten Verfahren läuft».

Verhältnis zu den USA

Im vergangenen Jahr riet von der Leyen den Europäern zur Emanzipation von den USA unter Präsident Donald Trump. Diese seien nicht mehr «der zentrale Orientierungspunkt», sagte sie. Die Europäer dürften militärisch und politisch nicht «auf ewig am Rockzipfel hängen». Im Handelsstreit kritisierte sie die US-Einschätzung, dass Importe europäischer Autos eine Bedrohung für die nationale Sicherheit seien, als «eigenwillig».

Russland

Von der Leyen sah schon kurz nach der Annexion der Krim im März 2014 das Verhältnis zu Russland längerfristig beschädigt. Sie unterstützte die europäischen Wirtschaftssanktionen gegen Russland und trieb als Verteidigungsministerin die Verstärkung der Nato-Präsenz im Osten Europas konsequent voran. (SDA)

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