EU-Gipfel
Keine Aufbruchstimmung in EU: «Erklärung von Sibiu» bleibt vage

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am Donnerstag an einem informellen Gipfel im rumänischen Sibiu über die künftige strategische Ausrichtung der EU diskutiert. Doch die "Erklärung von Sibiu" fiel sehr vage aus. Dabei war das Treffen als grosser Aufbruch geplant.
Publiziert: 09.05.2019 um 19:34 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2019 um 19:38 Uhr

Nach dem für Ende März geplanten EU-Austritt Grossbritanniens und vor der Europawahl in zwei Wochen wollten die verbleibenden 27 Staaten an diesem 9. Mai - dem Europatag - ihre Einheit demonstrieren. Und sie wollten umreissen, wie die Union ohne Grossbritannien weitermachen soll.

«Der Sibiu-Gipfel ist der Moment, in dem wir allen Europäerinnen und Europäern eine klare Perspektive für die Zukunft bieten müssen», hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im vergangenen Jahr als Ziel für das Treffen ausgegeben.

Es kam aber anders als erwartet. Die Briten sind noch immer in der EU. Unklar ist zudem, wann und ob sie überhaupt aus der Union austreten werden. Das Gezerre um den Brexit hat die EU ein Stück weit gelähmt und den Blick in die Zukunft zunächst einmal verstellt.

Entsprechend allgemein gehalten fiel dann auch die «Erklärung von Sibiu» aus. Darin bekräftigen die 27 EU-Chefs die EU-Grundwerte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit. Der bereits nach einer guten Stunde verabschiedete Text betont darüber hinaus die enge und faire Zusammenarbeit sowie eine stärkere Rolle für Europa auf der Weltbühne.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonte vor Beginn des Treffens die symbolische Bedeutung des Gipfels dreissig Jahre nach der Wende in Osteuropa. Unbeschadet aller politischen Unterschiede seien alle in der EU überzeugt, dass gemeinsames Handeln besser sei.

Die EU müsse sich im internationalen Wettbewerb behaupten. «Wir müssen innovativ sein, wir müssen stark sein, wir müssen geeint sein. Und dafür werden wir heute werben», sagte die deutsche Kanzlerin.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte seinerseits, Europa müsse vor allem in Wachstumstreiber wie künstliche Intelligenz investieren. Er pochte abermals auf einen besseren Grenzschutz und einen gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel.

Macron hatte schon vorab mit Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Portugal und Spanien in einem gemeinsamen Papier neue ehrgeizige Ziele gefordert: Die EU solle spätestens bis 2050 unter dem Strich keine Klimagase mehr in die Atmosphäre blasen.

Trotz aller Appelle der Einigkeit wurden auch in Sibiu Streitpunkte offenbar. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz bekräftigte seine eigene Forderung nach einer Überarbeitung der EU-Verträge.

Uneins sind sich die Staats- und Regierungschefs auch über die Besetzung der EU-Spitzenposten nach der Wahl. Sie streiten unter anderem darüber, ob der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion im EU-Parlament auch Chef der EU-Kommission werden soll.

Um dies zu klären, verkündete EU-Ratspräsident Donald Tusk in Sibiu, am 28. Mai - unmittelbar nach der Europawahl - einen Sondergipfel durchzuführen. Bei dem Treffen in knapp drei Wochen dürfte es erste Hinweise geben, ob der konservative Politiker Manfred Weber aus Deutschland eine Chance hat, Chef der mächtigen EU-Behörde zu werden.

Die Europawahl läuft vom 23. bis 26. Mai. Weber macht sich Hoffnungen, dass seine Europäische Volkspartei stärkste Fraktion im neuen EU-Parlament wird.

In dem Fall will er Anspruch auf den Posten des Kommissionspräsidenten erheben und Nachfolger des Luxemburgers Jean-Claude Juncker werden. Weber wäre der erste Deutsche an der Spitze der Kommission seit Walter Hallstein in den 1960er-Jahren.

Es wird mit einem wochenlangen Streit gerechnet. Denn gesucht werden neben dem EU-Kommissionspräsidenten auch ein neuer Ratspräsident und Kandidaten für mehrere weitere Spitzenposten.

EU-Ratspräsident Tusk betonte, sein Ziel sei, bis Juni ein Gesamtpaket zu schnüren, das ausgewogen die Regionen der EU, die Parteien und Männer und Frauen berücksichtige. Er wolle schnell und entschieden vorgehen. Sollte sich kein Konsens abzeichnen, werde er eine Mehrheitsentscheidung einleiten.

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben das Vorschlagsrecht, bei dem sie die neuen Mehrheiten im Parlament berücksichtigen sollen. Ob Weber im Kreis der 27 Länder genug Rückhalt findet, ist offen.

(SDA)

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