Der Einigung war ein langes Ringen um die Regeln für Informanten beim Melden von Missständen vorausgegangen. Die Mitgliedstaaten hatten sich für ein verpflichtendes dreistufiges Verfahren ausgesprochen: Bevor Informanten an die Öffentlichkeit gehen dürfen, sollten sie sich zunächst an eine unternehmens- oder behördeninterne Stelle wenden müssen und dann an eine Aufsichtsbehörde ausserhalb.
Das Parlament hatte gefordert, die Pflicht zu streichen, zuerst innerhalb der Firma Alarm zu schlagen. Informanten sollten selbst über den Weg entscheiden, wie sie Missstände wie Korruption oder Steuerhinterziehung aufdecken wollen: firmenintern, über die Behörden oder direkt mittels der Medien.
Die nun erzielte Einigung hält prinzipiell an dem dreistufigen Meldeverfahren fest. Der Weg über interne Kanäle ist aber nur vorgeschrieben, wenn das Problem auf diesem Weg tatsächlich «wirksam angegangen» werden kann und die Hinweisgeber «keine Vergeltungsmassnahmen riskieren", wie die Kommission erklärte.
Andernfalls könnten sie sich direkt an die zuständigen Behörden wenden. In bestimmten Fällen ist demnach auch der direkte Weg an die Öffentlichkeit etwa über die Medien erlaubt: Etwa wenn «die betreffenden Behörden und der Straftäter Absprachen getroffen haben", wie die Kommission erklärte.
EU-Justizkommissarin Vera Jourova begrüsste die Einigung als «ausgewogenes System". Arbeitgeber würden so ermutigt, Probleme intern zu lösen. Zugleich hätten Hinweisgeber aber andere Möglichkeiten, «ohne Angst vor Vergeltung haben zu müssen".
Transparency International und die Grünen bezeichneten das Verhandlungsergebnis als «historisch» und als «Durchbruch» für den Schutz von Informanten. «Es ist wichtig, dass der Whistleblower-Schutz nicht an die Nutzung firmeninterner Meldewege geknüpft ist", erklärte der Grünen-Politiker und Europaabgeordnete Sven Giegold. Informanten bekämen so zukünftig den Schutz, den sie verdienen.
"Es ist eine grosse Leistung, dass die Verhandlungen zwischen den Institutionen zu einem positiven Ende gekommen sind", erklärte Nick Aiossa von Transparency International. Er sprach von «historischen Tag» für Menschen, die Korruption und Rechtsverletzungen aufdecken wollen.
Die erzielte Einigung muss nun noch vom EU-Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten formell angenommen und anschliessend ins nationale Recht der EU-Länder umgesetzt werden.
Informanten spielten in den vergangenen Jahren eine zentrale Rolle bei der Aufdeckung von Steuerhinterziehung, Datenmissbrauch oder Dopingskandalen. Mit am bekanntesten ist der US-Informant Edward Snowden. Er hatte 2013 Dokumente des US-Geheimdienstes NSA zu weltweiten Überwachungsprogrammen an die Öffentlichkeit gebracht und musste darauf nach Russland fliehen.