Erst noch lobte US-Präsident Donald Trump (71) den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (63) für dessen Politik. «Er bekommt sehr gute Noten», sagte Trump im September in New York über «seinen Freund».
Doch seit der Ankündigung Trumps, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, ist es mit der Freundschaft schon wieder vorbei. Gestern sagte Erdogan, was er von Trumps Entscheid hält: null und nichts! An einem Sondergipfel der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul drehte er den Spiess um und rief die muslimischen Staatsvertreter dazu auf, nicht Jerusalem als Hauptstadt Israels, sondern Ostjerusalem als Hauptstadt Palästinas anzuerkennen.
Dem amtierenden OIC-Präsidenten Erdogan gelang es, die Runde zu überzeugen. Die Konferenz, an der rund 20 Staatschefs der insgesamt 56 OIC-Länder teilnahmen, stimmte für den Antrag. Welche Vertreter wie abgestimmt haben, wurde nicht mitgeteilt.
Unter den Teilnehmern befand sich auch Sudans Präsident Omar al-Baschir, der vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Kriegsverbrechen und Völkermord gesucht wird.
OIC keine homogene Einheit
Was dieser Beschluss der OIC für Folgen haben wird, ist noch nicht abzuschätzen. Türkei-Kenner und Islam-Wissenschaftler Christoph Ramm von der Uni Bern warnt vor schnellen Schlüssen: «Bislang hat Erdogan trotz Androhung die Beziehungen zu Israel nicht abgebrochen.»
Es ist auch nicht so, dass die OIC eine homogene Einheit bildet. Ramm: «Die arabischen Staaten haben trotz der zur Schau gestellten Einheit widerstreitende Interessen. Insbesondere Saudi-Arabien zielt eigentlich auf eine informelle Kooperation mit Israel, um den Spielraum Irans einzuengen.»
Erdogan will sich profilieren
Die Forderung Erdogans ist für Ramm vor allem der Versuch, seine Position zu festigen. Ramm: «Nach aussen versucht sich Erdogan als starke Führungsfigur in der muslimischen Welt zu präsentieren. In der Türkei wiederum appelliert der türkische Präsident an einen islamisch gefärbten Nationalismus, um seine Anhänger hinter sich zu vereinen.» Zur Erinnerung: 2019 will Erdogan wiedergewählt werden.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (82) will nach Trumps Entscheid die USA nicht mehr als Vermittler im Nahen Osten akzeptieren. Er forderte die Uno auf, die vollständige Verantwortung für die Lösung im Palästinenserkonflikt zu übernehmen.