Erich Röthlisberger (63) wollte nur vor einem vermeintlich gefälschten Verkaufsinserat im Internet warnen. Und kassierte dafür selbst eine saftige Geldstrafe! Denn der Berner dachte zwar, dass er sich auf Facebook mit dem Gauner hinter einem Fake-Inserat anlegt. Aber: «Ich habe mich dummerweise mit einer Juristin angelegt», so Röthlisberger.
Noch blöder: Das Inserat war echt. Und die Frau hinter dem Inserat ist nicht nur Juristin, sondern auch noch Gerichtsschreiberin im Kanton Aargau. So muss Röthlisberger am Ende für die beiden Worte «ist Betrug» in einem Facebook-Kommentar 900 Franken hinblättern. «Ich werde sicher nie mehr einen Kommentar schreiben», sagt er gegenüber Blick. Der Sachbearbeiter bei einer Krankenkasse schwört, dass er es nur gut gemeint habe.
Die Posse beginnt mit einem Inserat, wie man es in den sozialen Medien immer wieder findet. Auf einem Facebook-Konto wird Anfang März eine Autobahn-Vignette zum Kauf angeboten. Röthlisberger erinnert sich: «Die Frau hat für 37 Franken inseriert, das sind nur drei Franken weniger als der offizielle Preis. Ich bin Admin und Moderator in diversen Facebook-Gruppen. Ich kenne mich ein bisschen aus, was Betrug oder Fake-Angebot sein könnte. Die gezeigte Vignette schien mir verdächtig.»
Ein falsches Bauchgefühl
Röthlisberger gibt zu, dass es sich mehr um ein Gefühl handelte, als dass es konkrete Hinweise auf einen Betrug gab. Er sagt: «Ich kontrollierte, wer hinter dem Produkt steht. Und das Profil dieser Klägerin sagt nichts über die Person aus, wer sie ist, woher sie kommt. Es steht einfach nur der Namen.» Er hat noch weitere Aspekte, die ihn bei der Verkäuferin stören: «Bei der Durchsicht des Profils sah ich viele Gewinnspiele mit Vignetten. Und sie beantwortete keine Fragen der Community.»
Dann schreibt er den ersten Kommentar: «Lueget o ds Profil mau a» Als ein User fragt, was damit gemeint sei, packt er den Zweihänder aus: «Ist Betrug» schreibt er. Ein weiterer User postet darauf sieben Blaulichter.
Dann wird es plötzlich ernst für den Internet-Warner. Er sagt: «Ich bekam von der Polizei ein Aufgebot wegen übler Nachrede. Ich bin auf den Posten in Münchenbuchsee. Der Polizist zeigte mir den ausgedruckten Beitrag und die Kommentare. Ich muss ehrlich sagen, ich habe die Welt nicht mehr verstanden. Wie kann man wegen etwas Banalem ein solches Aufheben machen?»
In der Befragung sagt er dem Polizisten, dass er es nicht böse gemeint hatte: «Ich wollte der Frau nicht schaden oder sie als Betrügerin darstellen. Warum hat sie mich nicht einfach angeschrieben? Sie hätte mich warnen können. Lösche den Kommentar, sonst kommt es zur Anzeige. Natürlich hätte ich ihn weggeputzt.»
Im Wiederholungsfall kostet es Tausende
Nach der Befragung dauert es ein paar Wochen, bis Erich Röthlisberger schliesslich von der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland Post erhält. Der in juristischen Angelegenheiten eher unbedarfte Mann ist schockiert. Die Höhe der Busse und auch das Urteil findet er völlig übertrieben. Er ist zu einer Strafe von 3000 Franken verurteilt worden. Üble Nachrede! 900 Franken davon muss er jetzt bezahlen – 400 Franken Busse, 500 Franken Gebühren. 2100 Franken sind eine bedingt ausgesprochene Geldstrafe und wird im Wiederholungsfall fällig. Röthlisberger sagt: «Ich habe noch zu Protokoll gegeben, dass ich die Frau nicht schädigen wollte. Und im Urteil steht, dass ich die Frau in ihrer Ehre verletzen wollte, beziehungsweise das in Kauf genommen hatte. Das stimmt doch nicht.»
Den Strafbefehl zieht Erich Röthlisberger nicht vor Gericht. Das finanzielle Risiko ist ihm zu gross. Auch im Internet will er sich in Zukunft zurückhalten. «Ich zahle jetzt für diesen Blödsinn 900 Franken. Es ist krass, dass man nicht diskutieren kann, sondern gleich vor Gericht geht.»
Die Juristin, die den Kommentarschreiber angezeigt hatte, will das Urteil nicht kommentieren.