Entgleisung, Deckeneinsturz, Brückenkollaps
Schweizer Profis klären die schlimmsten Unfälle auf

Die Forscher der Empa in Dübendorf ZH sind führend, wenn es um die Suche nach Unglücks-Ursachen geht. Aktueller Fall: der Brückenkollaps von Genua. BLICK zeigt, welche kniffligen Rätsel die Experten im In- und Ausland schon gelöst haben.
Publiziert: 07.11.2018 um 17:59 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2018 um 23:07 Uhr
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Die Italiener vertrauen ihm die Schlüsselteile an, die zum Einsturz der Morandi-Brücke führten: Gabor Piskoty von der Empa.
Foto: Philippe Rossier
Guido Felder

1891: Brückeneinsturz in Münchenstein BL

Beim Einsturz der Eisenbahnbrücke über die Birs vor Münchenstein BL starben 73 Passagiere, 171 wurden verletzt. Es ist die bisher grösste Bahnkatastrophe der Schweiz. Die 1875 von Eiffelturm-Erbauer Alexandre Gustave Eiffel (1832–1923) konstruierte Brücke wies unbemerkte statische Schäden auf, die von einem Hochwasser stammten. Es kam zum Drama, als eine von zwei Loks gezogene Komposition mit 41 statt der erlaubten 30 km/h über die Brücke fuhr und wegen des nahen Bahnhofs Münchenstein zu bremsen begann. Die geschwächte Brücke geriet ins Schwanken und brach zusammen. Zurzeit forschen die Empa-Experten daran, wie man die inzwischen in die Jahre gekommene Nachfolgebrücke sanieren könnte. 

Zu schnell auf der instabilen Brücke: In Münchenstein kam es zur bisher grössten Eisenbahnkatastrophe in der Schweiz.
Foto: Wikimedia

1963: Flugzeugabsturz Dürrenäsch AG

Beim Flugzeugabsturz einer Caravelle der Swissair kamen alle 80 Insassen ums Leben. Wegen leicht angezogener Handbremse beim Rollen auf dem Flughafen Zürich war eine Felge geborsten, worauf ein erhitzter Splitter eine Hydraulikleitung zerschnitt und das austretende Öl entzündete. Beim Einziehen der Räder nach dem Start griff das Feuer auf die Reifen und Leitungen über. Die Maschine wurde unkontrollierbar. Der Flug hätte von Zürich nach Rom mit Zwischenlandung in Genf führen sollen. 43 Opfer stammten aus dem kleinen Dorf Humlikon ZH, das auf einen Schlag einen Fünftel seiner Einwohner verlor. Die Gruppe wollte bei Genf eine landwirtschaftliche Versuchsanstalt besuchen. 

Die Caravelle der Swissair stürzte wegen eines Brandes am Rad auf Häuser ab.
Foto: Keystone

1985: Deckeneinsturz Hallenbad Uster ZH

Zwölf Menschen starben, 19 wurden schwer verletzt, als in Uster die Decke des 1972 erstellten Hallenbades einstürzte. Die Betondecke war 30 Prozent schwerer gebaut worden als projektiert und hing zudem an falschen Stahlbügeln, die Risse entwickelten und in der chlorgesättigten Luft korrodierten.

Die Decke war zu schwer: Im Hallenbad Uster starben zwölf Personen.
Foto: Dölf Preisig

1998: ICE-Entgleisung in Eschede (D)

Bei der Entgleisung eines ICE zwischen Hannover und Hamburg starben 101 Menschen, 88 wurden schwer verletzt. Der Hochgeschwindigkeitszug war mit rund 200 km/h unterwegs, als er auf Höhe der Ortschaft Eschede aus den Schienen sprang und gegen eine Brücke donnerte. Ursache für das Drama war die Umfassung eines Rades, ein sogenannter Radreifen, der wegen Materialermüdung brach, sich vom Rad ablöste und sich durch den Boden zwischen zwei Sitze bohrte. 

Der Stahlreifen eines Rades hatte sich gelöst: In Eschede (D) gab es 101 Tote.
Foto: dpa

2004: Einsturz Sprungschanze in Zürich

Ein Materialfehler führte dazu, dass auf der Landiwiese in Zürich bei der Sportveranstaltung «freestyle.ch» eine 28 Meter hohe Sprungschanze einstürzte. Verletzt wurde niemand. Der Fehler: Eine Schweissnaht zwischen einem Stahlträger des Grundgerüsts und einer Verstrebung war gebrochen.

Eine gebrochene Schweissnaht liess auf der Landiwiese in Zürich eine Sprungschanze einstürzen.
Foto: Keystone

2005: Seilriss Schilthornbahn

Glück hatten 53 Passagiere der Schilthornbahn, als mit einem lauten Knall die Aussenhülle des Seils riss. Glücklicherweise blieb der Seilkern intakt, sodass die Passagiere per Heli geborgen werden konnten. Das Seil war 1979 angekratzt worden, als es eine Firma um einige Meter verschoben hatte.

Beschädigtes Seil: Zum Glück blieb bei der Schilthornbahn der Kern des Seils intakt.
Foto: Keystone

2009: Sporthallen-Einsturz in St. Gallen

Die Ursache eines Hallen-Einsturzes bei der Gewerblichen Berufsschule St. Gallen waren zu schwache Stahlträger in der Dachkonstruktion, die unter der Schneelast einbrachen. Im ursprünglichen Projekt waren stärkere Träger eingeplant gewesen. Weil das Unglück frühmorgens passierte, war niemand in der Halle.

Statt die stärkeren die schwächeren Dachträger genommen: In St. Gallen blieb es bei Sachschaden.
Foto: Blick

2018: Brückeneinsturz Genua (I)

Am 14. August kollabierte die Morandi-Brücke bei Genua (I). 43 Menschen starben. Noch ist die Ursache ungeklärt. Teile der Trümmer werden zurzeit bei der Empa in Dübendorf ZH untersucht. 

Trümmerteile der Morandi-Brücke in Genua werden nun in Dübendorf untersucht.
Foto: Getty Images
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