Polizisten haben Roger S. unerlaubt überprüft
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Chatverläufe kamen ans Licht:Polizisten haben Roger S. unerlaubt überprüft

Eifersüchtiger Ex-Polizist lässt den Neuen seiner Ex-Frau überprüfen
Dein Freund und Schnüffler

Wer weiss am besten über Vorstrafen eines Menschen Bescheid? Na klar, die Polizei. Das wollte ein Ex-Polizist ausnutzen und mithilfe seiner alten Kollegen den Neuen seiner Ex-Frau durchleuchten. Dummerweise las diese in den Chats auf Facebook mit.
Publiziert: 26.03.2019 um 23:06 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2019 um 11:38 Uhr
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Ex-Polizist Roger S.* (45) fragte seinen ehemaligen Kollegen bei der Kapo Bern an, ob er den Neuen seiner Frau auf Vorstrafen überprüfen könne.
Foto: Facebook
Céline Trachsel
Céline TrachselReporterin

Das Gespräch auf Facebook beginnt harmlos: Ex-Polizist Roger S.* (45) und sein ehemaliger Berufskollege Urs P.*, der noch im Polizeidienst ist, unterhalten sich per Chat über ihre Ex-Frauen. Beide trauern den Damen nach, reden über die neuen Männer im Leben ihrer Ex-Frauen. 

Dann fragt Roger S.: «Kannst du mir mal den Neuen meiner Frau durch die Mühle lassen?» Mit «der Mühle» meint er: Das Informationssystem der Polizei, das über die polizeiliche Vergangenheit der Bürger Bescheid weiss. Roger S. gibt Name, Geburtsdatum, Heimatort und Adresse von Dario H.* (33) aus dem Kanton Solothurn durch. Der Berner Kantonspolizist Urs P. überprüft die Vorstrafen des Neuen: «Bei uns ist nichts», antwortet er.

Bei der Kapo Solothurn könne er allerdings nicht nachfragen. «Die Gespräche werden aufgezeichnet, wir sind total überwacht, und sie haben ein Auge drauf», sagt Urs P., dem offenbar bewusst ist, dass er etwas Unerlaubtes tut. Ein anderer Kollege sei schon wegen Amtsmissbrauch entlassen worden, erklärt Urs P. Roger S. will ihn beruhigen: «Das ist doch kein Missbrauch.»

Dumm nur: Die Ex-Frau von Roger S. ist auf Facebook in seinem Profil immer noch eingeloggt – und sieht den verhängnisvollen Chat! Sie sagt es ihrem neuen Freund. Und Dario H. ist empört: «So was geht doch nicht. Da werden meine Persönlichkeitsrechte verletzt!»

«Sieht nach Amtsgeheimnisverletzung aus»

Dario H. wendet sich an die Berner Ombudsstelle. Diese rät ihm von einer Strafanzeige ab, denn die Polizisten würden kaum gegen einen ihrer Kollegen aus dem Korps ermitteln. Doch weiterhelfen kann sie ihm auch nicht. Rechtsanwalt Martin Steiger empfiehlt in solchen Fällen, sich mithilfe eines Anwalts direkt an die Staatsanwaltschaft zu wenden und zu verlangen, dass es ausserkantonal untersucht wird. «Dann ermittelt jemand Unbefangenes.» 

Denn laut Steiger könne das Vorgefallene als Amtsgeheimnisverletzung und Amtsmissbrauch strafbar sein, allenfalls komme auch eine Ehrverletzung infrage. «Doch es gilt die Unschuldsvermutung. Ein Gericht oder die Staatsanwalt müsste darüber befinden.»

Abfragen von Personendaten nur zu dienstlichen Zwecken erlaubt

Die Kantonspolizei Bern hatte vom Vorfall keine Kenntnis. Mediensprecherin Sarah Wahlen sagt zu BLICK: «Uns ist der Fall nicht bekannt. Eine Beurteilung des anonymen Chatverlaufs ist schwierig. Der Chat hat jedoch Komponenten, die auf strafbares Verhalten hindeuten könnten, weshalb wir den Fall an die Staatsanwaltschaft überwiesen haben.» Diese werde nun prüfen, «ob diese Konversation so stattgefunden hat, wer die Beteiligten sind und ob es zu entsprechenden Handlungen kam», so Wahlen.

Es gebe Dienstbefehle, die solches Verhalten verbieten würden. «Abfragen von Personendaten sind nur zu dienstlichen Zwecken erlaubt», stellt Sarah Wahlen klar. Und: Personendaten dürften nicht an unberechtigte Dritte bekannt gegeben werden. Laut Wahlen könnte der Vorfall personelle Konsequenzen haben: «Erhärtet sich ein solcher Verdacht, wird ein personalrechtliches Verfahren an die Hand genommen und bei Bedarf können erste Sofortmassnahmen eingeleitet werden.»

Polizeiverband hält Gefälligkeit auch für problematisch

Abfragen über Vorstrafen normaler Bürger aus reiner Gefälligkeit für eine Drittperson hält Max Hofmann, Generalsekretär Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) potenziell für problematisch und strafrechtlich relevant. «Abfragen nur aus persönlichen Interessen zu machen, kann man eben nicht als dienstliche Verrichtung erachten», sagt Hofmann. Er glaubt aber, dass bei Anzeigen die internen Kontrollen greifen. «Solche Sachen kommen ans Tageslicht. Das interne Controlling funktioniert sehr gut.»

* Namen geändert

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