Es klang alles so ambitioniert. «Bitcoin-Firma erstellt in Jona SG ein gigantisches Rechenzentrum», jubelte die «Zürichsee-Zeitung». Und die Nachrichten-Agentur: «Schweizer Bitcoin-Unternehmen gewinnt internationalen Award.»
Für die Schlagzeilen verantwortlich ist die Unity Investment AG aus Schindellegi SZ. Geführt von Sean Prescott (35) und Alex Fancelli (55). Der eine war CEO, der andere Finanzchef. Bei der Gründung auch dabei: Banker A. S.* als Partner. Zudem Nicholas Fiala (36) mit seiner Fialpha GmbH. Er war bis März 2020 Head of Sales, also Verkaufschef, bei Unity.
Wer Geld bringt, wird am Erlös beteiligt
Die Herren haben hochtrabende Pläne: Die Firma soll das grösste Krypto-Mining-Unternehmen Europas werden. Krypto-Mining ist vereinfacht gesagt die Herstellung von digitalen Werteinheiten. Da diese auf Blockchains basieren, bedarf die Produktion enormer Rechenkapazitäten. Damit verdienen – oder schürfen –Mining-Unternehmen Bitcoins oder andere digitale Währungen, die dann in «echtes Geld» umgewandelt werden können.
Im Jahr 2018 hat die Firma dafür rund neun Millionen Franken von Investoren eingesammelt. Und mit diesem Geld wollte sie für das «gigantische Rechenzentrum» in Rapperswil-Jona Tausende Krypto-Mining-Geräte kaufen.
Das Versprechen an die Investoren: Wer Geld in die Firma einschiesst, wird am Gewinn aus dem Verkauf der geschürften Bitcoins beteiligt.
Und damit sich Investoren beteiligen, verspricht Unity, dass die Firma für ihr geplantes Geschäft von der Finanzmarktaufsicht (Finma) lizenziert sei. Und dass sie Mitglied einer Selbstregulierungsorganisation der Branche sei. Beides zeugt von Seriosität.
Als Verkaufsargument nutzte Nicholas Fialas Verkaufsabteilung auch den Standortvorteil Schweiz: Anders als andere Firmen werde Unity Kryptowährungen in der Schweiz schürfen. Rentabel sei das dank tiefer Steuern, günstiger Strompreise und politischer Stabilität.
BLICK-Recherchen zeigen jetzt aber: Von all dem stimmt offenbar wenig.
Kaum mehr als 600 Maschinen im Einsatz
Weder hat die Firma eine Finma-Lizenzierung, wie Finma-Sprecher Vinzenz Mathys gegenüber BLICK schriftlich bestätigt. Noch ist Unity Mitglied einer Selbstregulierungsorganisation. Fraglich ist aber, ob die Unity Investment AG für ihre Art der Kapitalbeschaffung bei Investoren eine Finma-Lizenzierung benötigt hätte. Nämlich weil sich Investoren mit ihrem Geld an künftigen Unternehmensgewinnen beteiligen – ähnlich wie bei Aktien. Unity-CEO Sean Prescott verneint das.
Anders bei der behaupteten Mitgliedschaft beim Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen (VQF): «Allfällige Tätigkeiten als Finanzintermediär würden von der Mythen Treuhand AG als VQF-Mitglied oder der UniCrypt Capital AG in Liechtenstein als Wechselstube mit Gewerbebewilligung zugunsten unseres Unternehmens ausgeübt», so Prescott. Die genannte Treuhandfirma gehört Unity-CFO Alex Fancelli, sie ist tatsächlich Mitglied der Organisation.
Bloss: Eine VQF-Mitgliedschaft ist laut Aussage der Organisation nicht übertragbar – folglich kann sich Unity eine solche gegenüber Investoren auch nicht auf die Fahne schreiben.
Auch das Rechenzentrum in Jona, in welchem bis zu 2000 Maschinen täglich Bitcoins schürfen würden, soll nicht wirklich der Realität entsprechend sein. Das bestätigen mehrere ehemalige Mitarbeiter gegenüber BLICK. Darunter auch ein ehemaliger Unity-Projektmanager.
In besten Zeiten seien dort gerade mal rund 700 Geräte im Einsatz gewesen. «Meistens waren davon aber noch nicht einmal 300 in Betrieb», so der Projektmanager. Die stromfressenden Krypto-Schürfer hätten die Leitungen in der Halle überlastet. «Uns flogen immer wieder die Sicherungen raus.» Sind die Geräte aber nicht in Betrieb, werden auch keine Bitcoins geschürft und somit kein Umsatz gemacht.
CEO Sean Prescott bestätigt, dass weniger Geräte im Einsatz waren, als diese Kapazität bot. Aber: «Über die Jahre hinweg wurden die Mining-Maschinen effizienter und schneller, so dass die alten Maschinen durch fünf- bis siebenmal schnellere ersetzt wurden. Die alten Geräte haben wir verkaufen können, der Verkaufserlös wurde reinvestiert. Somit sind natürlich weniger Maschinen vor Ort, was aber definitiv nicht weniger Leistung bedeutet – im Gegenteil.»
Bitcoins, Ether und über 4000 weitere Coin-Arten sind am Ende vor allem eines: Digitales Geld. Man kann sie mit «echtem Geld» kaufen – und mit ihr dann dort zahlen, wo sie als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Beliebt sind Bitcoins und Co. wegen ihrer Art, wie sie gesichert werden. Kryptografie ist die Wissenschaft zur Verschlüsselung von Informationen und auf diesem Prinzip basiert das Krypto-Geld. Alle Daten zu Inhabern und Bewegungen werden verschlüsselt gespeichert. Und zwar nicht nur auf einem Server, sondern auf mehreren tausend gleichzeitig.
Bitcoins, Ether und über 4000 weitere Coin-Arten sind am Ende vor allem eines: Digitales Geld. Man kann sie mit «echtem Geld» kaufen – und mit ihr dann dort zahlen, wo sie als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Beliebt sind Bitcoins und Co. wegen ihrer Art, wie sie gesichert werden. Kryptografie ist die Wissenschaft zur Verschlüsselung von Informationen und auf diesem Prinzip basiert das Krypto-Geld. Alle Daten zu Inhabern und Bewegungen werden verschlüsselt gespeichert. Und zwar nicht nur auf einem Server, sondern auf mehreren tausend gleichzeitig.
Unity-Partner wird wegen Diebstahl angezeigt
Im September 2019 verliert ein Investor und Partner von Unity wegen ungenutzten Geräten die Geduld. Er beauftragt Mitarbeiter, über 100 Maschinen nach Naters VS und Bern zu bringen, damit sie dort Umsatz machen können. Da er diese Nacht-und-Nebel-Aktion ohne Zustimmung der Geschäftsführung unternimmt, wirft diese ihm Diebstahl vor. Er kommt für ein Wochenende in U-Haft. Die beiden helfenden Mitarbeiter werden fristlos entlassen.
Heute ist das Rechenzentrum in Jona trotzdem leer. Die Geräte sollen nun im Bundesstaat New York am Schürfen sein. «Die zu schwach ausgelegte Strominfrastruktur ist einer der Gründe, warum die Mining-Tätigkeit in die USA verlagert worden ist», räumt Prescott ein. Der gegenüber Investoren und Medien noch im Oktober 2019 gerühmte Standortvorteil Schweiz ist laut Unity zudem bereits keiner mehr. Auch die tiefen Strompreise in den USA hätten zum Wegzug bewogen.
Ausgeschieden aus der Firma ist der Partner der ersten Stunde, Banker A. S.* Er sitzt unterdessen in der Strafanstalt Saxerriet – wegen Betrugs. Unity-CEO Prescott bestätigt: «Als uns bekannt wurde, dass A. S. wegen anderen Delikten in Zürich verurteilt wurde, haben wir den Kontakt und jegliche Art von Zusammenarbeit abgebrochen. Seine Delikte haben in keiner Weise mit Unity oder einem Unternehmen in der Gruppe zu tun», so Prescott.
* Namen der Redaktion bekannt