Diese Strassenbauarbeiter haben den heissesten Job der Schweiz
Die Hitze-Hölle am Bellevue

Die Luft flirrt. Die sengende Sonne ist gnadenlos. Zürichs Verkehrsknotenpunkt ist in diesem Sommer eine lärmige, staubige Grossbaustelle, die für die Arbeiter keinen Schatten spendet. Brennpunkt Bellevue.
Publiziert: 16.07.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:26 Uhr
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Öfters eine kühle Dusche, dazu täglich sechs bis acht Liter Wasser trinken: So hält Robin die Schufterei durch.
Foto: Toini Lindroos
Von Sabine Klapper (Text) und Toini Lindroos (Fotos)

Die Bauarbeiter haben den heissesten Job des Sommers. Gearbeitet wird hier quasi rund um die Uhr in zwei, am Wochenende sogar in drei Schichten. Die Grossbaustelle ist komplex, mehrere Projekte wie der Gleis-, Brücken- und Strassenbau sind minutiös aufeinander abgestimmt. Der Zeitplan, der akribisch ein Jahr lang erarbeitet wurde, muss pedantisch eingehalten werden. Auf die neuerliche Hitzewelle – am Freitag sollen es 38 Grad werden – kann hier niemand Rücksicht nehmen. Hitzefrei gibt es im Strassenbau nicht. Zeit ist Geld.

Dennoch: Involvierte Bauunternehmer wie Walo Bertschinger oder auch die VBZ können die Hitze nicht ausser Acht lassen. «Den Arbeitern stehen Mineralwasser und Sonnenschutzmittel zur Verfügung», sagt Polier Roland Dalladas (45) von den VBZ, der für den Gleisbau zuständig ist. Die Gefahren durch Hitze und verstärkte Sonneneinstrahlung sind gross. Hohe Temperaturen belasten den Kreislauf und können zum Hitzschlag führen, UV-Strahlen Hautkrebs und Augenschäden verursachen, erhöhte Ozonwerte Atemnot und Kopfschmerzen zur Folge haben.

Nichts für Bürogummis

Hinzu kommt: Die Arbeiter hantieren mit Gasbrennern oder Trennscheiben, die durch Flammen und Funkenflug die Temperaturen bei der Arbeit zusätzlich in die Höhe treiben. Flüssiger Teer ist über 160 Grad heiss. Ein Büroangestellter würde es auf dieser Baustelle wohl keine Stunde aushalten. Die Bauarbeiter sind hier täglich neun und mehr Stunden im Einsatz – ohne mit der Wimper zu zucken. Schweiss, der ins Gesicht läuft, wird weggewischt, dann wird wieder angepackt.

 «Man gewöhnt sich dran», sagt Jordan Kovacic (43) aus Embrach ZH, der im Gleisbau beschäftigt ist. «Es würde ja nichts nützen, wenn wir klagen würden.» Auch sein Kollege Mario (25) aus Lenzburg AG ist einer von den ganz harten Jungs: «Wir geben immer Vollgas, egal welches Wetter.» Die Arbeiter am Bellevue stammen vorwiegend aus südlichen Ländern wie Portugal, Spanien, Ita­lien, aus Südamerika oder Afrika. Sie sind Hitze gewohnt.

Sonnenbrand geholt

Für die beiden Kongolesen Dido Iyolo (45) und Antonio Bosiamba (48) ist die Welt jetzt verkehrt. In ihrem Heimatland ist es derzeit weniger heiss als mitten in Zürich. Dennoch finden sie das aktuelle Klima «nicht so schlimm». Sonnenschutz tragen sie auf der dunklen Haut jedenfalls nicht. Das Quartett macht die Oberkörper für die BLICK-Fotografin frei. Das ist im Strassenbau, im Unterschied zum Hochbau, eigentlich nicht erlaubt. Aber es kommt vor, wenn die Hitze unerträglich wird und gerade keiner so genau hinschaut.

Verkehrswegbauer Robin (21) aus Zürich ist einer der wenigen Schweizer, die am Bellevue arbeiten: «Ich reibe mich mehrmals am Tag mit Sonnenschutzfaktor 50 ein und trinke sechs bis acht Liter Wasser.» Dennoch hat er sich letzte Woche einen deftigen Sonnenbrand am Rücken geholt. Nach Feierabend fühle er sich an Hitzetagen viel müder als sonst. Aber auch er klagt nicht. «Man muss fit sein in diesem Job, das ist Voraussetzung», sagt er. José Fernandez (43) aus Portugal, der im Funkenflug mit der Trennscheibe auf der Quaibrücke arbeitet, fühlt sich in der Hitze sogar wohl: «Ich habe lieber heisses als kaltes Wetter. Ich bin nach der Arbeit auch nicht müde, sondern mache noch einen Fussmarsch von über zehn Kilometern.»

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