Dienstwaffen-Drama
«Sein Tod schockt uns alle»

Seit August besuchte Jonin S. in Frauenfeld die erste Oberstufe. Ein Schuss aus einer Polizeipistole riss ihn jäh aus dem Leben.
Publiziert: 19.09.2011 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 20:24 Uhr
Von Fabienne Riklin und Sandro Inguscio

Tiefe Trauer im Reutenenschulhaus in Frauenfeld. Seit fünf Wochen ging Jonin S.* († 13) aus Gachnang TG hier in die erste Oberstufe. «Er war so witzig, aufgestellt und fröhlich», sagen die Mitschüler.

Jonin ist tot. Erschossen mit einer Polizeipistole. «Wir sind alle tief betroffen und geschockt. Wir fühlen mit der Familie. Ich habe mit Jonins Mutter telefonieren können. Sie erzählte mir, dass er die Oberstufe so gern besuchte», sagt Andreas Wirth, Präsident der Schulen Frauenfeld.

Das Drama um Jonin beginnt mit einem harmlosen Besuch daheim beim Polizistensohn M.* (13). Dessen Vater, Kantonspolizist Heinz H.* (49), ist nicht zu Hause. Er weilt auf einem mehrtägigen Ausflug. «Er erhielt einen Anruf und hat am Samstagabend fluchtartig das Hotel verlassen und ist nicht mehr aufgetaucht», erzählt eine Bekannte.

Die drei Buben klauen die geladene Dienstwaffe

Denn während der Polizist ausser Haus ist, kommen sein Sohn M., Jonin und noch ein Kollege auf fatal dumme Gedanken. Kurz vor 21 Uhr klauen die drei Buben die geladene Dienstwaffe von Heinz H. Sie spielen mit der Heckler & Koch auf dem Balkon, als sich plötzlich ein Schuss löst und Jonin am Hals trifft. Die Rega fliegt den 13-Jährigen ins Spital. Dort stirbt er am Sonntag (BLICK berichtete).

Wer geschossen hat, will die Polizei nicht preisgeben. Klassenkameraden sagen aber: «Uns wurde erzählt, dass es Polizistensohn M. war, der die Pistole in der Hand hatte, als sich der Schuss löste.»

Die letzten Glückwünsche

Im Schulhaus brennt eine grosse weisse Kerze für Jonin, daneben steht ein Foto des getöteten Buben. «Die Klassenkameraden haben Jonin zum Abschied Briefe geschrieben. Wir werden sie in Absprache mit der Familie an der Abdankungsfeier übergeben. Damit sie verbrannt werden können und die letzten Glückwünsche bei Jonin im Himmel ankommen», sagt Schulpräsident Andreas Wirth.

Die Jugendstaatsanwaltschaft hat gegen die Kollegen von Jonin S. ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eröffnet. Polizist Heinz H. wird laut Kantonspolizei Thurgau nicht vom Dienst suspendiert.

«Jonin, ich weiss nicht, was ich ohne dich machen soll...»

Wieso die drei Teenager aber so leicht zu seiner geladenen Waffe gelangten, wollte der Polizist gestern gegenüber BLICK nicht beantworten. Sein Sohn M. liess der Trauer um Freund Jonin auf Facebook freien Lauf.

«Er war der Beste. Mit ihm konnte ich alles unternehmen. Und jetzt musste er so früh von uns gehen», schreibt M. und richtet sein Wort an seinen toten Freund. «Jonin, ich weiss nicht, was ich ohne dich machen soll. Ich kann es gar nicht glauben.»

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