Überschattet wurde ihr Treffen mit dem irakischen Regierungschef Adel Abdel Mahdi am Dienstag in Berlin durch eine kurz zuvor aufgetauchte Video-Botschaft des Anführers der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi.
Merkel erklärte nach dem Gespräch mit Abdel Mahdi, sie bewerte die Anstrengung der irakischen Regierung sehr hoch, zu versuchen, innerhalb des Landes die verschiedenen Kräfte auch zusammenzuhalten. «Ich darf ihnen versichern, dass wir weiter uns dem friedlichen Aufbau des Iraks verpflichtet fühlen», betonte sie.
«Das irakische Volk hat grosse Opfer gebracht, um den IS zu besiegen», sagte Abdel Mahdi. Am Montag war erstmals seit langer Zeit ein Lebenszeichen des mehrfach totgesagten IS-Chefs al-Bagdadi aufgetaucht. Das Video belegt nach Ansicht der irakischen Regierung, wie isoliert der Terroranführer heute ist.
Abdel Mahdi sagte, die Tatsache dass al-Bagdadi jetzt - wie in dem Video zu erkennen - «isoliert» an einem unwirtlichen Ort lebe, zeige, dass der IS «gebrochen» und in seinen Kapazitäten stark eingeschränkt sei.
Merkel sagte, es sei ohnehin niemand davon ausgegangen, dass der IS durch die militärische Niederlage im Irak und in Syrien «verschwunden ist". Das Video zeige, «dass diese Einschätzung auch richtig ist".
Es war die erste Videoaufnahme des Anführers der IS-Terrormiliz seit fast fünf Jahren. Al-Bagdadi nimmt darin Bezug auf aktuelle Ereignisse. Das deutet darauf hin, dass die Botschaft erst vor kurzer Zeit aufgezeichnet worden ist.
Der IS-Chef war zuletzt in einer Videoaufnahme vom Juli 2014 zu sehen gewesen. Damals hatte die von ihm angeführte Terrormiliz gerade die Grossstadt Mossul eingenommen. Im Juli 2017 verlor der IS die Kontrolle über die nordirakische Stadt.
Merkel sprach mit Abdel Mahdi auch über die Kinder deutscher IS-Kämpfer im Irak. Sie sagte, über das Schicksal dieser Kinder müsse «von Einzelfall zu Einzelfall» gesprochen werden. Aus dem Auswärtigen Amt hatte es Anfang des Monats geheissen, im Irak würden acht deutsche Staatsangehörige konsularisch betreut. Deren ebenfalls in der Haftanstalt untergebrachte Kinder könnten, falls die Zustimmung der Eltern vorliege, zu Verwandten nach Deutschland gebracht werden.
Die Zahl der bisher so nach Deutschland gebrachten minderjährigen Kinder bewege sich «im hohen einstelligen Bereich», hiess es weiter. Drei Deutsche seien bislang aus der Haft nach Deutschland abgeschoben worden.
Abdel Mahdi betonte, der Irak erlebe derzeit «eine Zeit des Friedens". Merkel hob die verbesserte Sicherheitslage in der Hauptstadt Bagdad positiv hervor. Es freue sie, dass der Irak daran interessiert sei, «dass wir weiter bei der Ausbildung der Sicherheitskräfte helfen".
Merkel sprach mit ihrem irakischen Gast auch über Flüchtlinge. Aktuell stellen immer noch jeden Monat mehr als 1000 Iraker einen Asylantrag in Deutschland.
(SDA)