Der Hochstapler im BLICK-Verhör
«Warum lügen Sie ständig, Herr Proto?» «Das ist meine Arbeitsmethode»

Immobilien-Makler Alessandro Proto (43) belieferte über Jahre internationale Medien mit Fake News über Hollywood-Stars wie Angelina Jolie, Brad Pitt, Johnny Depp oder Fussball-Grössen wie Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. BLICK stellte den Hochstapler in einem Exklusiv-Interview.
Publiziert: 04.12.2017 um 23:46 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 17:30 Uhr
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Äussert sich erstmals zur Weinstein-Fake News: Alessandro Proto (43).
Foto: Yvonne Leonardi
Myrte Müller

Es ist der Rahmen, wie ihn Alessandro Proto (43) liebt. Luxus-Hotel am Comer See. Elegante Lobby. Cappuccino und Edel-Gebäck. Doch BLICK will kein Kaffeekränzchen, sondern die knallharte Wahrheit.

BLICK: Hollywoods Sex-Täter Harvey Weinstein (65) soll in Lugano TI eine Villa gemietet haben. Diese Falschnachricht, auf die viele internationale Medien reinfielen, kam von Ihnen. Warum lügen Sie, Herr Proto?
Alessandro Proto: Ich habe nie gesagt, dass Weinstein eine Villa gemietet hat, nur, dass er es vorhat. Als der Skandal um Weinstein in den USA losbrach, habe ich dessen Firma eine Villa zur Miete in Lugano vorgeschlagen. Zwar ohne Erfolg, die Pressemitteilung habe ich dennoch an die italienische Nachrichtenagentur Ansa geschickt. Die Story ging durch sämtliche Blätter.

Am Wochenende doppelten Sie nach mit einem Mail an die SDA. Angeblich bestätigt darin Weinsteins Anwaltskanzlei in New York den Aufenthalt des Film-Produzenten im Tessin. Kollegen eines Schweizer Fernsehsenders haben das Mail zurückverfolgt. Sie kam von Alessandro Proto. War die erste Lüge nicht dick genug?
Proto legt den Kaffeelöffel hin. Wut kocht hoch. Seine blauen Augen funkeln.
Dieses Mail stammt nicht von mir. Jeder kann eine Mail-Adresse mit meinem Namen einsetzen. Ich habe den Sender heute wegen Diffamierung auf 500’000 Franken verklagt.

Sie klagen wegen einer Fake News, ausgerechnet Sie, der seit Jahren die Medien mit angeblichen Hausverkäufen an Super-Stars wie Angelina Jolie, Tom Cruise, Johnny Depp an der Nase herumführt?
Ja, weil das mit dem Mail nicht stimmt. Ich habe es nicht nötig, in der Schweiz Werbung zu machen. Dafür ist sie viel zu klein und belanglos für meine Geschäfte.

Und für Ihre Geschäfte brauchen Sie Fake News für ein Millionenpublikum?
Das ist meine Arbeitsmethode. Wenn in der Zeitung steht, ich mache Geschäfte mit Hollywood-Stars, mit Donald Trump oder Roman Abramovich – dann rennen mir die Kunden die Bude ein. Ich muss nicht einem Star ein Haus verkaufen, ich muss den Kauf in der Presse nur andeuten. Das reicht.

Wehren sich die Promis nicht gegen diese Falschmeldungen?
Kaum. Als ich in den Medien verkündete, mit Warren Buffett eine griechische Insel kaufen zu wollen, erwiderte er «I don’t know this man». Fussball-Gott Cristiano Ronaldo dementiert mein Gerücht, er wolle eine Favela kaufen. Dass ich behauptete, ich hätte ihm einen Loft im Trump-Tower verkauft, störte ihn nicht.

Im Buch outet sich Proto als Schwindler. «Dennoch», so der Hochstapler, «habe ich fast mehr Kunden als früher.»
Foto: 50 Yvonne Leonardi

Wie viele dieser Lügen haben Sie schon gestreut?
Tausende. Ich habe sie nicht gezählt. Die grössten Zeitungen haben sie gedruckt. Sogar auf den Titelseiten. 

Tut Ihnen Ihre Schummelei nicht leid?
Nein. Ich finde mich grossartig.

Wie haben Sie angefangen zu lügen?
2009 standen zwei Anwälte von George Clooney vor meiner Tür. Clooney wollte seine Villa in Como (I) verkaufen. Die Männer klapperten die Schweizer Makler ab, weil sie als besonders diskret galten.

Da waren sie bei Ihnen ja genau an der richtigen Adresse, nicht wahr?
Alessandro Proto lacht.
Ich habe sofort dem «Corriere della Sera» die Story gesteckt. Die wollten aber nicht meinen Namen nennen. Da habe ich Insider-Informationen versprochen – und erfunden. David Beckham sei an der Clooney-Villa dran und ein russischer Wodka-Produzent. Schon hatte ich meine erste grosse Story. Hunderte wollten daraufhin Geschäfte mit mir machen. 

2013 wurden Sie in Italien zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt. Weswegen?
Ich hatte reichen Kunden geraten, Aktien zu kaufen und es den Medien gemeldet. Die Aktien stiegen, mit ihnen meine Provision. Dann wurde ich wegen Börsenmanipulation festgenommen.

In Ihrem Buch «Ich bin der Schwindler» stehen Sie zu Ihren Lügen. Ist damit Ihre Karriere als Hochstapler vorbei?
Keineswegs. Ich habe fast mehr Kunden als vorher. Meine Unverfrorenheit fasziniert die Leute. Ausserdem verkauft sich mein Buch recht gut.

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