Die CVP-Delegierten schmetterten die Kündigungs-Initiative der SVP an ihrer Versammlung in Frauenfeld TG klar ab: Sie verwarfen das offiziell als Begrenzungs-Initiative daherkommende Volksbegehren mit 159 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Über die Initiative, die die Personenfreizügigkeit mit der EU kündigen will, befindet das Volk am 17. Mai 2020 an der Urne.
«Die CVP hat den bilateralen Weg immer unterstützt und sich für gute Beziehungen zu unseren Nachbarn eingesetzt», sagte CVP-Chef Gerhard Pfister (57) vor den Delegierten. Der Grundsatz eines Rahmenabkommens mit der EU werde unterstützt. Wie in allen Verhandlungen habe die Schweiz das Recht gehört zu werden und ihre roten Linien zu ziehen.
«Es macht allerdings keinen Sinn, wenn wir uns selbst unter Druck setzen», so Pfister. Wer meine, in der direkten Demokratie sei es sinnvoll, Ultimaten zu stellen, habe die Schweiz nicht begriffen. Es müsse das Ziel sein, die Kündigungs-Initiative der SVP klar und deutlich abzulehnen. «Denn sonst ist der bilaterale Weg zu Ende.»
Und CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (55) doppelte nach: Die Initianten erzählten viele Halbwahrheiten: «Wir reden nicht von Asylsuchenden und Flüchtlingen.» Mit einer Annahme würde sich die Schweiz isolieren.
Wölfe rascher abschiessen
Angesichts der klaren Haltung der CVP-Delegierten zur SVP-Initiative scheint es eher unglücklich, dass der Bündner CVP-Ständerat Stefan Engler (59) sein Vorhaben, den Schutz des Wolfes zu lockern, als Begrenzungs-Initiative verkaufen wollte.
Mit der Revision des Jagdgesetzes erhielten die Kantone mehr Kompetenzen bei der Regulierung der Tierbestände, so Engler. Grosse Schäden durch Wolfsrudel liessen sich nur verhindern, wenn die Wölfe scheu blieben. Da brauche es auch einzelne Abschüsse.
Gegen das Vorhaben, den Schutz von Wölfen und anderen Tierarten herunterzufahren, war von Umwelt- und Tierschutzverbänden das Referendum ergriffen worden.
Die auf dem Land und in Bergkantonen traditionell starke CVP stimmte dem neuen Jagdgesetz mit 144 zu 21 Stimmen bei 6 Enthaltungen zu.
CVP für «Reichenbonus»
Die dritte Vorlage, zu der die Delegierten eine Parole fassten, betrifft das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer. Die SP hat dabei das Referendum gegen die Erhöhung der Kinderabzüge bei der Bundessteuer ergriffen.
Ursprünglich hätten eigentlich nur die Steuerabzüge für die externe Kinderbetreuung erhöht werden sollen. Von heute 10'100 auf maximal 25'000 Franken – verbunden mit einem Steuerausfall von rund 10 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer.
Doch dann beantragte der Zürcher CVP-Nationalrat Philipp Kutter (44, ZH) zusätzlich eine Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs von 6500 auf neu 10'000 Franken pro Kind. Die Steuerausfälle schätzt der Bund auf mehr als 350 Millionen Franken.
Im Parlament war der Vorschlag heftig umstritten, da ja nur einkommensstarke Haushalte Bundessteuer bezahlen. Also auch nur diese von dortigen Abzügen profitieren können. SP, Grüne und GLP lehnten Kutter Vorhaben darum ab. SVP, CVP und BDP stimmten dafür. Die FDP war zuerst dagegen, wechselte dann aber ins Ja-Lager.
Vergeblich argumentierte die Thurgauer SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher (55) gegen die «die Prämie ist ein Steuerbonus für reiche Eltern». Die Vorlage entlaste insbesondere den Mittelstand, fand hingegen Philipp Kutter. 55 Prozent der Familien profitierten.
Die Delegierten der CVP unterstützten die Vorlage mit 141 zu 17 Stimmen und 10 Enthaltungen.
«Trend umkehren»
2020 werde für die CVP ein Jahr der inneren Reformen, sagte Parteipräsident Gerhard Pfister in Frauenfeld. Diese Reformen seien nötig, wenn die CVP als Partei zulegen wolle. «Wir müssen den Trend umkehren», sagte Pfister. Die CVP dürfe nicht länger ständig auf der Verliererseite sein. Die vier grössten Kantone Zürich, Bern, Waadt und Aargau stellten mit 94 Sitzen fast die Hälfte des Nationalrats. In diesen Kantonen halte die CVP gerade einmal drei Nationalratssitze.
Der Parteivorstand habe am Freitag eine breite Basisbefragung zum Parteinamen beschlossen, sagte Pfister, der die Diskussion um das «C», das Christliche, im Namen selber lanciert hatte. Die Konfession habe heute die Relevanz für das gesellschaftliche Leben weitestgehend verloren. «Wir müssen ein einfaches, klares und politisches Angebot haben, das zukünftige Generationen anspricht.» Die breite Befragung bei CVP-Mitgliedern und Sympathisanten soll zeigen, welches Potential die Politik der Mitte hat. (SDA)
Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.
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