Coronabedingte Armut
Caritas fordert Massnahmen vom Bund

Laut Caritas Schweiz verschärft die Corona-Krise die Armut in der Schweiz. Das Hilfswerk fordert deshalb von Bund und Kantonen mehr Massnahmen, um Menschen in finanzieller Not zu helfen.
Publiziert: 30.11.2020 um 11:55 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2020 um 12:06 Uhr
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Menschen stehen in Genf Schlange, um gratis Nahrungsmittel und Bedarfsartikel für den Alltag zu erhalten. (Archiv)
Foto: MARTIAL TREZZINI

Caritas habe mittlerweile die grösste Hilfsaktion in ihrer Geschichte für die Schweizer Bevölkerung lanciert und «ein Ende ist nicht absehbar», sagte Bruno Bertschy, Leiter Bereich Projekte, am Montag an einem Mediengespräch in Bern. Seit Beginn der Pandemie seien die Anfragen für Sozialberatungen sprunghaft auf 10'000 angestiegen - dies sei eine Verdoppelung gegenüber anderen Jahren.

Trotz Hilfspaketen von Bund und Kantonen seien viele Menschen auf Unterstützung angewiesen, so Bertschy. Vor allem in der Westschweiz sei die Anzahl während der zweiten Corona-Welle gestiegen. Bisher habe die gesamte Hilfe der Caritas 12,2 Millionen Franken betragen, davon würden 9,7 Millionen Franken von der Glückskette stammen. Diese Spendengelder hätten Hilfsaktionen für 100'000 Menschen ermöglicht.

Caritas stellte am Mediengespräch, das auch Online ausgestrahlt wurde, konkrete Forderungen an Bund und Kantone. So sollen Einzelpersonen und Familien während zwei Jahren durch gezielte Direktzahlungen unterstützt werden, die Umsetzung solle sich am System der Ergänzungsleistungen orientieren, sagte Caritas-Direktor Hugo Fasel.

Zudem fordert Caritas, dass die Kurzarbeitsentschädigung für Menschen in prekären Situationen auf 100 Prozent erhöht wird. Auch sollen die Mittel für die Prämienverbilligung deutlich ansteigen, während der nächsten zwei Jahre um mindestens 50 Prozent, sagte Fasel. Damit würde die zeitliche Verzögerung der Sozialhilfefälle berücksichtigt.

Diese sozialpolitischen Massnahmen seien dringend, denn «das soziale Netz hat Lücken». Die Forderungen der Caritas sind laut Fasel bescheiden. Zu bedenken sei, dass hinter all den Arbeitslosigkeitsstatistiken des Bundes verzweifelte Menschen mit Existenzängsten stünden.

Viele der Betroffenen sind Working-Poor Familien mit minderjährigen Kindern, überdurchschnittlich häufig befinden sich alleinerziehende Frauen in finanziellen Nöten, wie es weiter hiess. In der Westschweiz stünden zudem die vielen arbeitenden Sans-Papiers in Krisensituationen ohne jegliche soziale Sicherheit da. Deshalb fordert das Hilfswerk auch eine Entkoppelung des Sozialhilfebezuges von der Aufenthaltsbewilligung.

Nicht alle armutsbetroffenen Menschen erhielten staatliche Unterstützung bei finanziellen Schwierigkeiten, sagte Marianne Hochuli, Leiterin Bereich Grundlagen. Dies seien zum Beispiel Personen, welche die tief angesetzte Armutsgrenze nicht erreicht hätten. Oder sie hätten ihre finanziellen Reserven noch nicht bis zum Restbetrag von 4000 Franken (Einzelpersonen) und 10'000 (Familien) aufgebraucht. Hier leiste das Hilfswerk subsidiäre Hilfe.

Erschwerend seien mancherorts lange Wartezeiten für staatliche Unterstützung, wodurch Personen ohne finanzielle Reserven in existenzielle Notlagen gerieten. Caritas leiste in diesen Fällen oftmals Überbrückungshilfe.

Caritas Schweiz und die 16 regionalen Caritas-Organisationen haben bisher rund 14'000 in Not geratene Personen mit finanzieller Direkthilfe unterstützt, damit sie Mieten, Krankenkassenrechnungen und sonstige Rechnungen bezahlen konnten, wie es weiter hiess. Von regional ausgerichteten Projekten konnten bisher 78'000 Menschen profitieren.

Einen wichtigen Beitrag leisten die 21 Caritas-Märkte, wo unter anderem Lebensmittel vergünstigt gekauft werden können. Bis Ende Jahr werden an diesen Stellen zudem eine halbe Million Hygienemasken gratis abgegeben.

(SDA)

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