Uniformierte Polizisten, die Carabineros, seien mit «exzessiver Gewalt» gegen Demonstranten vorgegangen und hätten Festgenommene misshandelt, erklärte Human Rights Watch am Dienstag. Bei einem Treffen mit Präsident Sebastián Piñera empfahl die Organisation nach eigenen Angaben eine umfassende Reform der Polizei.
Die teilweise gewaltsamen Proteste in Chile hatten Mitte Oktober begonnen. Sie richteten sich zunächst gegen eine Erhöhung der Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr.
Die Demonstranten kritisieren aber auch niedrige Löhne, hohe Kosten für Bildung und Gesundheit sowie die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in dem südamerikanischen Land. Die Proteste schlagen immer wieder in Gewalt an, es gibt Plünderungen und Brandstiftungen.
Human Rights Watch hat nach eigenen Angaben hunderte verstörende Berichte über Polizeigewalt in Chile erhalten, wie etwa Schläge oder sexuelle Übergriffe. Der Direktor der Organisation für Südamerika, José Miguel Vivanco, sagte, es handle sich dabei nicht um «Einzelfälle» oder «Zufälle".
Es gebe «überzeugende Beweise» für exzessive Gewaltanwendung und Misshandlungen gegen Demonstranten und auch gegen Unbeteiligte. Human Rights Watch schlägt nun unter anderem eine bessere Ausbildung der Polizei und interne Kontrollmechanismen vor.
Unterdessen wurde bekannt, dass ein Demonstrant, der bei den Protesten in Chile verletzt wurde, vollständig erblindet ist. Insgesamt haben mehr als 200 Demonstranten Augenverletzungen durch Gummigeschosse und Schrotkugeln der Polizei erlitten. Viele von ihnen können auf einem Auge nichts mehr sehen.
Auch am Dienstag gab es in Chile wieder Proteste. In der Hauptstadt Santiago de Chile versammelten sich tausende Demonstranten. Nach einem friedlichen Beginn setzte die Polizei am Abend Wasserwerfer gegen die Demonstranten im Stadtzentrum ein. Plünderungen und Brände wurden auch aus La Serena und Iquique im Norden Chiles und in San Antonio und Valparaíso im Zentrum des Landes gemeldet.
(SDA)