Die Grünen waren gegen die FDP angetreten, diese konnte ihre beiden Sitze jedoch problemlos verteidigen. Aussenminister Ignazio Cassis schaffte die Wiederwahl im ersten Wahlgang. Bei einem absoluten Mehr von 120 Stimmen kam er auf 145 Stimmen.
Herausforderin Rytz erreichte 82 Stimmen. SP und Grüne zusammen haben in der Bundesversammlung 83 Stimmen. Sollte Rytz wie angekündigt auch Stimmen aus der GLP erhalten haben, hat die SP nicht geschlossen für die Grüne Kandidatin gestimmt.
Die Wiederwahl von FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter war ebenfalls ungefährdet. Die Justizministerin erreichte im ersten Wahlgang 169 von 206 gültigen Stimmen. Sie musste allerdings 37 leere Wahlzettel hinnehmen, zudem verlor sie 21 Stimmen an den St. Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler. Möglicherweise wurde die konsensorientierte Bundesrätin damit von der Rechten abgestraft.
Die übrigen amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte wurden problemlos bestätigt. Als erstes war SVP-Bundesrat Ueli Maurer als Amtsältester an der Reihe. Von 231 gültigen Stimmen holte er 213, was ein sehr gutes Resultat ist. 23 Ratsmitglieder hatten leer eingelegt.
SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga kassierte 25 leere Stimmzettel, sie wurde mit 192 Stimmen aber ebenfalls problemlos wiedergewählt. 13 Stimmen verlor sie an die Grüne Regula Rytz. Diese dürften von jenen Ratsmitgliedern gekommen sein, die den Anspruch der Grünen auf eine Vertretung im Bundesrat anerkennen, aber auf Kosten der SP statt der FDP.
Sommarugas Parteikollege, Innenminister Alain Berset, wurde mit einem sehr guten Resultat wiedergewählt. Er erreichte 214 von 230 gültigen Stimmen. SVP-Bundesrat Guy Parmelin musste 39 leere Stimmzettel hinnehmen. Doch auch er wurde mit 191 von 204 gültigen Stimmen problemlos wiedergewählt.
Das Spitzenresultat erreichte CVP-Bundesrätin Viola Amherd mit 218 von 232 gültigen Stimmen. Das ist das zweitbeste Resultat seit 1962, als die Zahl der Nationalratsmitglieder auf 200 festgelegt worden war. Ein besseres Ergebnis erzielte seither nur der Sozialdemokrat Hans-Peter Tschudi, der 1971 mit 220 Stimmen wiedergewählt worden war. Didier Burkhalter kam 2015 auf 217 Stimmen.
Bundeskanzler Walter Thurnherr (CVP) wurde mit 219 von 224 gültigen Stimmen für eine zweite Amtsdauer wiedergewählt. Anschliessend wurden die Bundesrätinnen und Bundesräte sowie der Bundeskanzler vereidigt.
Die letzten Wahlen des Tages betrafen das Präsidium und das Vizepräsidium des Bundesrats. Die Bundesversammlung wählte die bisherige Vizepräsidentin Simonetta Sommaruga turnusgemäss zur Bundespräsidentin für das Jahr 2020. Sommaruga erreichte 186 von 200 gültigen Stimmen. Als Bundespräsidentin leitet sie die Sitzungen des Bundesrats und nimmt Repräsentationspflichten wahr.
Vizepräsident für das nächste Jahr ist Guy Parmelin. Er erreichte 168 von 183 gültigen Stimmen. 52 Stimmzettel waren leer geblieben. Damit ist Parmelin für das Präsidium 2021 designiert.
Der unspektakuläre Ausgang der Bundesratswahl ist keine Überraschung. Die Niederlage zeichnete sich schon bald nach der Ankündigung von Rytz' Kandidatur ab. Für eine Wahl hätte die Grünen-Präsidentin die Stimmen der Mitte benötigt, die CVP verweigerte ihr jedoch die Unterstützung. Auch die Grünliberalen bekannten sich nicht klar zur Grünen Kandidatin. Damit war der Ausgang der Bundesratswahl abzusehen.
In ihren Voten vor der Wahl hatten die grünen Fraktionschefs die Kontinuität und die Konkordanz beschworen. «Wir setzen ein Zeichen für die Stabilität und die Kontinuität unseres Landes», sagte Leo Müller (LU) für die Mitte-Fraktion aus CVP, BDP und EVP. Es gehe darum, den Verfassungsauftrag erfüllen, wonach die Landes- und Sprachregionen im Bundesrat angemessen vertreten sein müssten.
FDP-Fraktionschef Beat Walti (ZH) stellte fest, die Stabilität sei aus Sicht der FDP eine wichtige Grundlage für den Erfolg der Schweiz. «Zu dieser Stabilität müssen wir Sorge tragen», sagte Walti. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) bezeichnete die Abwahl eines Tessiner Bundesrats als «vollkommen ausgeschlossen".
Dass die Grünen aufgrund des guten Wahlresultats grundsätzlich Anspruch auf eine Vertretung im Bundesrat haben, bestritt allerdings niemand. Aeschi erwartet aber eine Bestätigung des Resultats bei den nächsten Wahlen. Müller gab zu bedenken, dass Links-Grün mit drei Sitzen übervertreten wäre. Damit ist die Diskussion um die Zukunft der Zauberformel endgültig lanciert.
Noch nie sei ein so grosser Anteil der Wählenden nicht in der Regierung vertreten gewesen, stellte GLP-Fraktionspräsidentin Tiana Angelina Moser (ZH) fest. «Das ist nicht gut für die Schweiz.» Die aktuelle Zauberformel sei nicht die Formel der Zukunft. Im Interesse der Schweiz müsse die künftige Ausgestaltung der Konkordanz mit allen Parteien diskutiert werden, sagte CVP-Sprecher Leo Müller.
Ideen und Vorschläge gibt es viele, ein Konsens zeichnet sich aber vorläufig nicht ab. Am vergangenen Wochenende hatte CVP-Parteichef Gerhard Pfister eine Amtszeit-Beschränkung für Mitglieder des Bundesrats ins Spiel gebracht, um rascher auf Ausschläge des Wählerwillens reagieren zu können. Fest steht heute einzig, dass die heutige Zauberformel ein Auslaufmodell zu sein scheint.
Ebenfalls noch offen ist die Departementsverteilung. Auch wenn die Zusammensetzung des Bundesrats unverändert bleibt, ist nach einer Gesamterneuerungswahl eine Neuverteilung möglich. In der Regel bewegen sich die Bundesrätinnen und Bundesräte nicht, doch es gibt Ausnahmen. Entscheiden wird der Gesamtbundesrat in einer der nächsten Sitzungen.
Üblicherweise äussern die Mitglieder ihre Wünsche nach der Anciennität, also nach dem Dienstalter. Ihre Pläne verraten sie jeweils nicht vorab. Aktuell werden Innenminister Alain Berset Ambitionen auf das Aussendepartement nachgesagt. Sollte der 47-Jährige nach der Zeit im Bundesrat eine internationale Karriere starten wollen, wäre es der richtige Schritt.
(SDA)