Brite stirbt nach Horror-Flug – diese Regeln gelten an Bord
Was muss die Crew bei schweren Turbulenzen tun?

An Bord eines Fluges der Singapore Airlines verstarb am Dienstag nach Turbulenzen ein 73-jähriger Brite. Unter den 70 Verletzten sollen mehrere nicht angeschnallt gewesen sein. Welche Regeln gelten eigentlich bei schweren Turbulenzen? Blick fragt bei Experten nach.
Publiziert: 22.05.2024 um 19:13 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2024 um 19:21 Uhr
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Der Schweizer Pilot und Flugangst-Coach Tom Schneider erklärt, worauf im Umgang mit Turbulenzen geachtet werden muss.
Foto: zVg
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Janine EnderliRedaktorin News

Weltweit sorgte der Horror-Flug SQ21 von London nach Singapur am Dienstag für Entsetzen. Die Maschine der Singapore Airlines geriet in schwere Turbulenzen. Das Flugzeug wurde regelrecht durchgeschüttelt. Ein Brite (†73) starb

Nach der Notlandung in Bangkok häuften sich Berichte, wonach ein Grossteil der verletzten Passagiere zum Zeitpunkt der ersten Turbulenzen nicht angeschnallt gewesen seien. Blick hat bei verschiedenen Experten nachgefragt, welche Regeln bei heftigen Turbulenzen eigentlich gelten. 

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Wann entscheiden Piloten, das Anschnallsignal einzuschalten?

Eine Cockpit-Crew hat jeweils die Möglichkeit, die Anschnallzeichen einzuschalten, wenn es rumpelig wird. «Die Piloten kennen die Gebiete mit mässigen bis starken Turbulenzen schon im Voraus und besprechen diese während der gemeinsamen Flugvorbereitung. Solche Gebiete sind aus den sogenannten Significant Weather Charts ersichtlich», erklärt Tom Schneider (48), Schweizer Pilot und Flugangst-Coach, gegenüber Blick. 

Die Anschnallzeichen würden präventiv eingeschaltet – basierend auf diesen Wetterkarten sowie auf Meldungen von Fluglotsen oder anderen Flugzeugen, die sich im gleichen Gebiet befinden.

«Bei Bedarf können die Piloten über den Funk vor der Landung frühzeitig Unterstützung anfordern», fügt Michael Pelzer, Mediensprecher bei der Swiss, bei. Die Koordination zwischen Boden und Crew sei dabei von grosser Bedeutung. 

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Existieren internationale Vorschriften?

Fluggesellschaften sind gesetzlich verpflichtet, die Anschnallzeichen während Start und Landung einzuschalten. Für den Umgang mit Turbulenzen gibt es jedoch keine einheitliche Vorschrift und die Einstufung des Schweregrades der Turbulenzen sei oft subjektiv, unterstreicht Pilot Schneider. «Tatsache ist, dass der Kapitän die Verantwortung für die Passagiere, die Crew und das Flugzeug trägt.» Daher sei es selbstverständlich, dass die Anschnallzeichen bei einer gewissen Stärke von Turbulenzen eingeschaltet werden.

«Die Sicherheit unserer Passagiere hat für uns die höchste Priorität», betont Pelzer auf die Frage nach spezifischen Vorschriften. Die Swiss gehe in ihren Regelungen häufig darüber hinaus. «So stellen wir sicher, dass jedes unserer Flugzeuge in einwandfreiem Zustand ist. An Bord haben wir unter anderem das sogenannte Emergency Kit für medizinische Notfälle, inklusive Beatmungsbeutel und Material für Infusionen. Im unwahrscheinlichen Bedarfsfall ist zudem ein Care-Team bei Ankunft vor Ort vorgesehen, um unsere Gäste und Crewmitglieder auch emotional zu betreuen.»

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Was muss die Crew bei schweren Turbulenzen tun?

Während ihrer Ausbildung werden Piloten und Besatzungsmitglieder auf alle möglichen Szenarien in Simulatoren geschult. «Wir simulieren in nachgebauten Flugzeugkabinen verschiedene Situationen – dazu gehören auch Vorfälle mit Feuer und Rauch sowie eine Notwasserung. Die Kabinenmitglieder lernen dabei einerseits die Abläufe, Anweisungen und Kommandos, anderseits auch das richtige Verhalten», erklärt die Swiss.

Pilot Schneider führt aus, dass bereits das Absteigen auf eine niedrigere Höhe Abhilfe schaffen kann. «Da sogenannte vertikale Turbulenzen begrenzt sind, kann bei starken Turbulenzen ein schneller Sinkflug auf eine niedrigere Höhe die Situation
umgehend verbessern.» Dabei würden die Cockpit-Crew und die zuständigen Fluglotsen am Boden eng zusammenarbeiten – entweder über Funk oder in Gebieten über dem offenen Meer via elektronische Kommunikation. Währenddessen konzentriere sich die Crew darauf, lose Gegenstände zu befestigen oder zu verstauen, um das Sicherheitsrisiko zu minimieren. 

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Können Passagiere für das Nichtbefolgen der Anschnallpflicht bestraft werden?

Hierzu gibt es keine pauschalen internationalen Gesetze. Es liegt in der Verantwortung der Fluggesellschaft, sicherzustellen, dass sich die Passagiere an die Sicherheitsanweisungen halten. 

«Wir weisen unsere Fluggäste auf jedem Flug hin, konsequent angeschnallt zu bleiben», sagt Pelzer. Weigern sich Passagiere jedoch, bei Aktivieren der Anschnallzeichen, der Aufforderung Folge zu leisten, könne die Crew entsprechende Massnahmen einleiten. Diese reichen von mündlichen Ermahnungen bis zu rechtlichen Konsequenzen. 

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Wie lässt sich Panik an Bord vermeiden?

«In Fällen von wirklich starken Turbulenzen versuche ich, sobald es die Situation zulässt, die Passagiere persönlich über Bordansagen zu beruhigen und die Situation plausibel zu erklären», erklärt Pilot Schneider. Dies führe oftmals bereits zum Erfolg. 

Das Kabinenpersonal sei zudem ebenfalls darauf geschult, beruhigend auf die Passagiere einzuwirken und so eine aufkeimende Massenpanik zu verhindern. 

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