Brexit
Aufregung wegen Bericht über mögliche Einmischung Moskaus in Brexit

Die britische Opposition hat Premierminister Boris Johnson aufgefordert, sofort einen möglicherweise Sprengkraft bergenden Bericht über eine allfällige Einmischung Russlands in das Brexit-Referendum freizugeben. Im Unterhaus wurde über den Bericht heftig diskutiert.
Publiziert: 05.11.2019 um 21:07 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2019 um 12:46 Uhr
Die britische Opposition wirft dem Regierungschef Boris Johnson vor, einen möglicherweise Sprengkraft bergenden Bericht des Geheimdienstausschusses bis nach der Parlamentswahl zurückhalten zu wollen. Es geht um eine mögliche Einmischung Russland in die Brexit-Kampagne.
Foto: Tolga Akmen

Die Opposition wirft dem Regierungschef vor, das Dokument des Geheimdienstausschusses bis nach der Parlamentswahl zurückhalten zu wollen, wie britische Zeitungen am Dienstag berichteten. Ein Regierungssprecher wies das zurück. Der notwendige Freigabeprozess sei noch nicht abgeschlossen.

Er Regierungssprecher erklärte, der Ausschuss befasse sich mit Fragen nationaler Sicherheit und mit den Geheimdiensten, der Bericht enthalte sensible Informationen. Insofern müsse die Veröffentlichung geprüft werden.

Dem «Guardian» zufolge geht der Bericht auf russische Versuche ein, sich in die Kampagne vor dem Brexit-Referendum im Jahr 2016 einzumischen, darunter auch eine versuchte Infiltration der konservativen Partei Johnsons.

Wegen der bevorstehenden Parlamentswahl soll das Unterhaus am Mittwoch aufgelöst werden. Sollte der Bericht nicht noch am Dienstagabend veröffentlicht werden, solange die Abgeordneten tagen, könnte er erst nach der Neubildung des Ausschusses nach der Wahl veröffentlicht werden. Nach der letzten Wahl im Jahr 2017 dauerte dies laut Grieve «fast sechs Monate".

Der Bericht war Johnson am 17. Oktober übergeben worden. Der Vorsitzende des parlamentarischen Geheimdienstausschusses, Dominic Grieve, forderte Downing Street auf, den 50-seitigen Bericht zu veröffentlichen, damit das Parlament noch vor der Wahl darüber beraten könne.

Sein Gremium hat den Report verfasst. Es sei «haarsträubend», dass der Bericht immer noch nicht veröffentlicht worden sei, erklärte der ehemalige Tory-Abgeordnete im «Guardian". Die Bearbeitung dauere normalerweise nur zehn Tage. Downing Street betonte hingegen, für die Freigabe seien rund sechs Wochen nötig. Grieve sagte, der Bericht könne Informationen enthalten, die für die Wähler «von Belang» sind.

Der frühere Chef des Geheimdiensts MI5, Jonathan Evans, forderte derweil eine Erklärung. «Falls die Regierung einen Grund hat, warum (der Bericht) nicht vor der Wahl veröffentlicht werden soll, dann sollte sie dies sehr deutlich begründen», sagte Evans dem Sender BBC Radio 4 am Dienstag.

Die Labour-Aussenpolitikerin Emily Thronberry kritisierte, die Verzögerung der Publikation sei «völlig ungerechtfertigt» und sei «eindeutig politisch motiviert". «Was haben sie zu verbergen?», fragte die Abgeordnete, die die Regierung erst kürzlich nach Verbindungen des Johnson-Beraters Dominic Cummings nach Russland gefragt hatte. Cummings war auch verantwortlich für die Strategie der Brexit-Kampagne.

Chris Pincher, Staatssekretär im Aussenministerium, wies dies als «Verschwörungstheorie» zurück. «Es gibt keinen Beweis, dass Russland es geschafft hat, sich in die britische Wahl einzumischen», sagte er.

Der Bericht basiert auf einer Analyse der Daten britischer Geheimdienste und von Experten. Der Prozess zur Genehmigung seiner Veröffentlichung begann bereits im März, bevor die Analyse Mitte Oktober Johnson vorgelegt wurde. Dieser hätte laut «Guardian» eigentlich letzte Woche grünes Licht für die Veröffentlichung geben sollen.

In den USA hatten Sonderermittler Robert Mueller und Geheimdienste zahlreiche Belege dafür gefunden, dass russische Geheimdienste und ein russisches Internetunternehmen versuchten, in den US-Wahlkampf 2016 mit dem Ziel einzugreifen, dem republikanischen Kandidaten Donald Trump zu helfen.

Die Beziehungen zwischen London und Moskau sind seit dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Grossbritannien, für den die britische Regierung Moskau verantwortlich macht, auf dem Tiefpunkt.

(SDA)

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