Nach einer vorläufigen Auszählung von 84 Prozent der Stimmen erreichte Morales am Sonntag 45,3 Prozent der Stimmen, gegen 38,2 Prozent für Mesa.
Die offizielle Auszählung deutete am Montag ebenfalls klar darauf hin, dass keiner der beiden Spitzenkandidaten die notwendige Mehrheit erreichte, um sich in der ersten Wahlrunde durchzusetzen.
Nach der endgültigen Auszählung von 34 Prozent der Stimmen führte Mesa mit 44,4 Prozent gegen 40,7 Prozent für Morales. Dieser Zwischenstand bedeutet aber nicht, dass Mesa am Ende tatsächlich vorne liegt, denn die ausgezählten Bezirke sind nicht repräsentativ.
Die ersten Ergebnisse stammen aus den grösseren Städten, in denen die Opposition gegen Morales stärker ist. Der indigene Staatschef kann vor allem auf die Unterstützung aus ländlichen Bezirken zählen.
Für einen Sieg in der ersten Wahlrunde sind entweder eine absolute Mehrheit der Stimmen oder mindestens 40 Prozent mit zehn Prozentpunkten Vorsprung auf den nächsten Rivalen erforderlich. Darauf deuten die Zwischenergebnisse nicht hin, so dass eine Stichwahl am Montag als wahrscheinlich galt.
Der 59-jährige Morales bewirbt sich für eine vierte Amtsperiode in Folge seit 2006. Der Journalist Mesa war bereits Staatschef von 2003 bis 2005. Ein möglicher Termin für eine Stichwahl wäre der 15. Dezember.
Der Ausgang einer Stichwahl erscheint nach der laufenden Auszählung ungewiss. Den dritten und vierten Platz belegen zwei konservative Bewerber, die zusammen 12 Prozent der Stimmen bekamen. Beide erklärten sich bereit, im Falle einer Stichwahl den 66-jährigen Mesa zu unterstützen.
Mesa warnte am Montag vor einer Manipulation der Wahlergebnisse, als die Wahlkommission die Veröffentlichung der Auszählung aussetzte. «Wir haben einen unwiderruflichen Sieg erreicht», erklärte Mesa zu dem vorläufigen Ergebnis, das ihm den Weg zur Stichwahl freigibt.
Mesa könnte von dem Unmut gegen Morales' Umgehung des Verbots einer neuen Wiederwahl profitieren. Im Februar 2016 scheiterte Morales zunächst mit dem Versuch, das Grundgesetz per Referendum zu ändern, um seine erneute Wiederwahl zu genehmigen. Später liess er sich jedoch eine vierte Kandidatur durch das Verfassungsgericht genehmigen.
Dieses juristisch-politische Manöver löste eine Protestbewegung aus, die selbst am Wahltag noch öffentlich zum Ausdruck kam. Rund hundert Menschen wurden am Sonntag in Santa Cruz de la Sierra festgenommen, als sie gegen die erneute Kandidatur von Morales protestierten.
Morales, der erste indigene Präsident Boliviens, geniesst trotz autoritärer Züge seiner Regierung eine starke Popularität. Ein Grund ist das robuste und anhaltende Wirtschaftswachstum von jährlich über vier Prozent.
Wegen eines Preisrückgangs für Erdgas, Boliviens wichtigstes Exportgut, sind jedoch die Devisenreserven des Andenlandes in den vergangenen Jahren stark gesunken. Wenn das aktuelle Handelsdefizit bleibt, könnte es zu einer Finanzkrise kommen, warnen kritische Wirtschaftsexperten.
(SDA)