Die brandneue Überbauung «La Colline» in Arlesheim BL verspricht gemäss Internetauftritt «höchste Lebensqualität». Die 29 Eigentumswohnungen und 16 Reihen-Einfamilienhäuser wurden in diesem Jahr bezogen.
Erstellt wurde die Überbauung durch die Generalunternehmung Steiner AG, einem grossen Immobiliendienstleister, der seit 2010 Teil der Hindustan Construction Company Ltd. mit Sitz in Mumbai ist. In Zürich hat die Firma Prestigebauten wie den Prime-Tower, das Einkaufszentrum Sihlcity oder das Hochhaus-Trio Vulcano realisiert.
Das Problem in Arlesheim: Die Steiner AG hat noch längst nicht alle beteiligten Handwerker vollständig bezahlt. Und dies, obwohl inzwischen alle 45 Einheiten der Überbauung zu Preisen zwischen 1,2 und 2,4 Millionen Franken verkauft wurden.
Existenzielle Bedrohung
Die Firma MFLUR AG aus Zug mit Geschäftsführer Mersim Zeqiri (30) hat Parkettböden verlegt und Treppen eingebaut. Von insgesamt rund 1,1 Millionen Franken fehlen Zeqiri noch knapp 400'000 Franken.
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Sanitär-, Lüftungs- und Heizungsarbeiten im Wert von rund 4,2 Millionen Franken hat die Firma Kurt Borer AG aus Reinach BL geleistet. Geschäftsführer Aytac Cetinkaya (40) hat noch über 1,2 Millionen Franken ausstehend. «Es geht dabei um Grundforderungen aus dem Werkvertrag», betont er.
Beide Firmen sind durch die ausstehenden Zahlungen bedroht. «Es geht um die Zukunft meiner Firma», sagt Cetinkaya. Er könne sich das fehlende Geld nicht aus der Rippe schneiden. «Der erste Elektriker, der am Projekt beteiligt war, ist bereits Konkurs gegangen.»
Chaotischer Ablauf
Der Bau der Siedlung wurde chaotisch geführt. «Es war mühsam», sagt Zeqiri. Mehrmals kam es zu Wechseln in der Bauleitung. In den späteren Bauphasen fehlte die Terminplanung fast vollständig. «Keiner wollte Verantwortung für das ganze Projekt übernehmen», so Zeqiri. Zuletzt koordinierten nur noch Freelancer die Arbeiten auf der Baustelle, die Firma Steiner war mit keinen eigenen Projektleitern mehr vor Ort.
Die Bauarbeiten hätten sich deshalb verzögert, so Cetinkaya. Verschärft wurde die Situation, weil Steiner die vereinbarten Akonto-Zahlungen nicht leistete. Zudem seien die Lieferanten des Baumaterials vorsichtig geworden und hätten teils auf Vorauszahlung gepocht. Die Bauten seien nur dank des Engagements der beteiligten Handwerker überhaupt fertiggestellt worden.
Neben der MFLUR AG und der Kurt Borer AG warten noch weitere Handwerksbetriebe auf ihr Geld – etwa Gartenbauer, Fassadenbauer und Elektriker. Gemeinsam wollen nun fünf Firmen gegen die Steiner AG vorgehen. Über eine gemeinsame rechtliche Vertretung und das Bauhandwerkerpfandrecht wollen sie ihre Forderungen sichern.
Werden Handwerker und Unternehmer, die an einem Bau beteiligt sind, nicht bezahlt, können sie ein gesetzliches Pfandrecht am Grundstück erhalten. Das Pfandrecht muss innerhalb von vier Monaten nach Vollendung der Arbeit zumindest provisorisch im Grundbuch eingetragen werden. Beklagte Partei ist die Grundeigentümerin. Keine Rolle spielt, wer dem Handwerker den Auftrag erteilt hat. Das kann also auch ein Generalunternehmer sein.
Werden Handwerker und Unternehmer, die an einem Bau beteiligt sind, nicht bezahlt, können sie ein gesetzliches Pfandrecht am Grundstück erhalten. Das Pfandrecht muss innerhalb von vier Monaten nach Vollendung der Arbeit zumindest provisorisch im Grundbuch eingetragen werden. Beklagte Partei ist die Grundeigentümerin. Keine Rolle spielt, wer dem Handwerker den Auftrag erteilt hat. Das kann also auch ein Generalunternehmer sein.
Brand in der Elektroverteilung
Die Steiner AG führt die Probleme beim Bau-Ablauf auf einen Brand im Dezember 2022 zurück, bei welchem die Haupt-Elektroverteilung der Siedlung zerstört wurde. «Aufgrund eines Brandvorfalls kurz vor Vollendung der ersten Bauetappe mussten die nachfolgenden Übergaben umgeplant und neu organisiert werden», erklärt Kommunikationsfachmann Alfred Köcher. Er sagt, dass die Bezahlung der Firmen vertragskonform erfolge. «Leider entstanden bei der Leistungserbringung einiger Unternehmern massgebliche Defizite, welche Ersatzvornahmen erforderlich machten.» Das heisst: Bei gewissen Arbeiten hätten andere Unternehmen nachbessern müssen.
Man befinde sich im konstruktiven Dialog mit den unzufriedenen Firmen. «Die Steiner AG geht davon aus, nach Abschluss des Projektes im kommenden Quartal alle offenen Punkte bereinigt zu haben.» Mit einem Unternehmen sei bereits eine Lösung gefunden worden. Köcher hält fest, dass die geschuldeten Beträge an die oben genannten Firmen «erheblich tiefer» seien. Insgesamt seien auf der Baustelle «La Colline» mehr als 80 Subunternehmen im Einsatz gewesen.
Probleme in Laufen BL
Pikant: Blick berichtete schon 2019 über einen ähnlichen Fall, als die Firma Steiner dem Schreiner Felix Räbsamen 359'000 Franken schuldete. Seither wurden weitere Probleme publik.
2020 wurden Konflikte beim Baloise-Park nahe dem SBB-Bahnhof in Basel bekannt. Auch hier ging es um nicht beglichene Rechnungen.
Zum öffentlichen Streit kam es schliesslich beim Bau des Sekundarschulhauses in Laufen BL und zum Zerwürfnis zwischen dem Kanton Basel-Landschaft und der Steiner AG. Im Mai 2020 ordnete der Kanton einen Baustopp an. Dann bot er sogar Sicherheitspersonal auf, um zu verhindern, dass Steiner-Mitarbeiter auf die Baustelle kommen.
Neue Steiner-Strategie
Im Februar 2021 hatte die Steiner AG angekündigt, dass sie das Total- und Generalunternehmer-Geschäft in der Deutschschweiz aufgeben wird, sobald die laufenden Projekte abgeschlossen seien. Neu soll die Firma als eine «reine Immobilienentwicklerin mit Baukompetenz» positioniert werden. Gemäss Köcher hat der Entscheid nichts mit Problemen auf Baustellen zu tun. «Es handelte sich um einen strategischen Entscheid der Aktionäre.»
Die Hintergründe sind hier nicht ganz klar. Diese Woche wurde zudem bekannt, dass die Hindustan Construction Company die Steiner-Tochterfirma Steiner Construction SA an den französischen Baukonzern Demathieu Bard verkaufen wird.
«Generalunternehmen haben die grössten Bauvolumen im Markt», sagt Cetinkaya. Deshalb sei es schwierig für einen Handwerksbetrieb, auf die Zusammenarbeit mit diesen grossen Playern zu verzichten.