An diesen Freitagabend des 24. November 1972 kann ich mich genau erinnern. Ich sass mit Chefredaktor Hansueli «Blöch» Blöchliger noch kurz auf der Keystone-Redaktion zusammen, um meine Einsätze am kommenden Wochenende zu besprechen.
Ich hatte schon die Türfalle in der Hand, als das Telefon klingelte. Blöch nahm ab, hörte kurz zu und bedeutete mir zu bleiben. Der Anruf kam vom Schweizer Fernsehen. Man zeigte sich besorgt, dass Mani Matter etwas zugestossen sein könnte. Der Liedermacher sei in Rapperswil SG für ein Konzert erwartet worden. Doch niemand wisse etwas über seinen Verbleib. Matter habe wohl von Zürich aus die Autobahn nach Pfäffikon SZ benützt, um nach Rapperswil zu gelangen.
Ich rief sofort den Mediensprecher der Zürcher Kantonspolizei an, um mich zu erkundigen, ob es einen Unfall auf der N3 gegeben habe, in den Mani Matter hätte involviert sein können. Dem war leider so, es gab eine Karambolage bei Kilchberg ZH mit verschiedenen Fahrzeugen, darunter ein Lastwagen mit Anhänger.
Für mich war damals das Ausrücken zu schweren Unfällen beinahe tagesüblich. In den Siebzigerjahren gab es vor der Gurtenpflicht jährlich bis zu 1800 Verkehrstote – heute sind es noch etwa deren 200. Fotoreporter besassen einen speziellen Polizeireporter-Ausweis, um bei abgesperrten Strassen bis zum Unfallplatz fahren zu können.
Mani Matter hatte keine Chance
So war es auch bei diesem schweren Unfall. Alles war in gleissendes Scheinwerferlicht getaucht, das Kreischen der funkensprühenden Trennscheibe war zu hören. Mit Spezialwerkzeugen barg die Feuerwehr das eingeklemmte Unfallopfer aus dem Autowrack.
Der verantwortliche Polizeioffizier bestätigte mir, dass es sich beim Toten um Mani Matter handle. Der Liedermacher war beim Aufprall getötet worden. Neben dem Lastenzug waren drei weitere Personenwagen in den Unfall verwickelt. Sechs Personen wurden insgesamt verletzt.
Die «NZZ» schrieb tags darauf, Matter habe vermutlich die Geschwindigkeit eines vor ihm fahrenden Lastenzugs falsch eingeschätzt und sei beim Überholen auf das linke Hinterrad des Lastwagenanhängers aufgefahren. Dadurch schleuderte sein Fahrzeug auf die Überholspur und kippte auf die Seite. Zwei nachfolgende Autos krachten ebenfalls in den Anhänger, wurden weggeschleudert und touchierten Matters Auto.
Ein Polizeibeamter: «Er hatte rabenschwarzes Pech»
Ich konnte neulich mit einem pensionierten Beamten sprechen, der damals ebenfalls ausgerückt war. «Mani Matter hat rabenschwarzes Pech gehabt, dass er mit normaler Geschwindigkeit plötzlich den Lastenzug vor sich hatte. Dieser war in Zürich-Wollishofen auf die N3 gefahren. In der damaligen Zeit konnten solche schweren Vehikel nur langsam beschleunigen. Das schleichende Fahrzeug mit ungefähr 40 km/h war für Matter wie ein plötzlich aufgetauchtes Hindernis.»
Ich fuhr danach auf die Redaktion, um meine Bilder zu entwickeln. Erst später auf der Heimfahrt wurde mir bewusst, welch grossen Verlust wir alle mit dem Tod des genialen Liedermachers erfahren hatten.