Sonntag, der Tag nach der Ernennung von Sergio Ermotti (51) zum interimistischen und bald wohl definitiven Chef der UBS. BLICK versucht den Tessiner zu erreichen.
Um 11.30 Uhr nimmt Ermotti das Handy ab. Er ist ausser Atem. Kein Wunder. Der Topmanager ist beim Joggen. «Ich würde gerne ein Interview geben, muss das aber erst noch mit dem Kommunikationschef der UBS absprechen», erklärt Ermotti. Aber eigentlich sei alles Wichtige schon gesagt. «Jetzt gehts an die Arbeit», stapelt der Familienvater tief.
Gesagt ist, dass die UBS im Investmentbanking abspecken muss. Aber der Personalabbau werde «nicht dramatisch sein», versicherte Ermotti am Samstag.
Wer ist Sergio Ermotti? Ein Investmentbanker wie der zurückgetretene Oswald Grübel (67). Aber doch ganz anders. «Im Gegensatz zu ‹Ossi› ist er nicht nur hart in der Sache, sondern auch menschlich», erklärt ein Mann aus der Finanzbranche.
Sergio Ermotti privat: Er ist verheiratet mit Tina (48). Sie haben zwei Söhne (15 und 17), leben in einer modernen Villa in Montagnola, einem feinen Vorort von Lugano TI.
Als Ermotti Nummer zwei war bei der italienischen Grossbank Unicredit, pendelte er vom Tessin nach Mailand.
Ermotti nimmt aktiv am sozialen Leben im Tessin teil. Der Topbanker ist sich nicht zu schade, Präsident eines Drittliga-Fussballklubs zu sein, des FC Collina d’Oro.
Sport, insbesondere Fussball, ist in seinem Leben extrem wichtig. Im Winter fährt er Ski in St. Moritz GR. Kürzlich war er zum Windsurfen in Brasilien.
Früher spielte Ermotti beim FC Lugano. Um die Jahrtausendwende galt er als heimlicher Sponsor des damals ums Überleben kämpfenden Vereins.
Ermotti ist die treibende Kraft, die eine Gruppe von vier Tessiner Tophotels besitzt. Darunter eines der exklusivsten Häuser von Lugano, die Villa Principe Leopoldo. Oder das Kurhaus Cademario, das zurzeit für über 30 Millionen Franken in ein Wellnesshotel der Spitzenklasse umgebaut wird.
Er hat eine Nähe zum umstrittenen Financier Tito Tettamanti, war Verwaltungsrat in dessen Investmentgesellschaft.
Ermottis berufliche Karriere begann mit einer Lehre bei der Cornèr Bank in Lugano. Später machte er das Schweizer Bankbeamtendiplom und absolvierte einen Management-Lehrgang im englischen Oxford.
Von 1987 bis 2004 arbeitete der Tessiner bei der US-Investmentbank Merrill Lynch. Er war ein Investmentbanker, wie er im Buche steht. 2001 sagte Ermotti Sätze wie: «Die Europäer müssen das Anlegen noch lernen. Die Amerikaner besitzen dagegen Aktien für die Altersvorsorge.»
Da wird er umdenken müssen: Denn die UBS will endlich die Lehren ziehen aus ihren gigantischen Verlusten im Investmentbanking. Zuletzt hat sie der Zocker Kweku Adoboli (31) um 2,3 Milliarden Franken erleichtert.
Ermotti, der Anti-Grübel, begann im April bei der UBS. Nachdem er es in Italien bei der Unicredit nicht zum Chef geschafft hatte.
Wie wird er an der Spitze der UBS sein? Fabio Parini, CEO der Regionalfluggesellschaft Darwin Airlines, sagt über seinen Verwaltungsratspräsidenten: «Als Chef ist er sehr beliebt und freundlich, kann aber auch autoritär sein – falls nötig.»