Auf ihrer Homepage bezeichnet sich AmVac als «einer der herausragenden Player im internationalen Impfstoff-Sektor». Man forsche an den «innovativsten und fortgeschrittensten» Produkten auf diesem Gebiet.
Grosse Worte. Doch die Firma ist in Liquidation. Der Einzelrichter eröffnete kürzlich den Konkurs. Die Zuger Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gewerbsmässigem Betrug. Was ist passiert?
Hartnäckig kontaktierte eine Zürcher Beratungsfirma über die letzten Jahre potenzielle Anleger. «Ich habe jede Woche einen Anruf bekommen. Jedes Mal habe ich gesagt, dass ich kein Interesse habe», schreibt einer im Internet.
Andere stiegen auf die Deals ein. Zu verlockend klangen die Prognosen. Die Vermittler erzählten am Telefon, dass Novartis die AmVac bald übernehme. Oder der Börsengang der Firma kurz bevorstehe.
«Vielversprechender Ebola-Impfstoff»
Skeptiker informierten sich im Internet, bevor sie Aktien kauften. Dort fanden sie die tadellose Webseite. Oder überschwängliche Medienmitteilungen. In einer heisst es, man forsche «an einem vielversprechenden Ebola-Impfstoff».
Letzte Zweifel beseitigte offenbar ein Video auf Youtube und Facebook. Der Chefentwickler von AmVac erklärt im weissen Kittel, er arbeite an Mitteln gegen Prostatitis oder schwere Atemwegserkrankungen. Und an einem Impfstoff gegen Vaginalinfektionen, «der hauptsächlich für Frauen gedacht ist».
Ein Experte bezeichnet das Video gegenüber SonntagsBlick als Realsatire. «Es ist sehr schwer, sich vorzustellen, dass so eine Firma ihr Geschäft seriös betreibt.»
«Noch nie von dieser Firma gehört»
Professorin Claire-Anne Siegrist, Leiterin des Impfzentrums an den Genfer Universitätsspitälern, testet international einen Impfstoff gegen Ebola. Dass AmVac einen solchen in der Pipeline hat, hält sie für ein Gerücht. «Ich habe noch nie etwas von dieser Firma gehört.»
Laut Swissmedic ist in der Schweiz kein einziges Medikament von AmVac zugelassen. Zu einem Börsengang oder einer Übernahme durch Novartis kam es nie.
Die Anleger jedoch glaubten all dies. Sie kauften Aktien, die je nur einen Rappen wert sind. Laut Schilderungen im Internet waren sie gerne bereit, drei Franken dafür zu zahlen. Ein Aktionär schreibt, er habe das Geld direkt auf das Konto der Geschäftsführerin Melanie F.* (44) eingezahlt.
Schon wieder im Verwaltungsrat
Ein vermeintlich kleiner Gewinn für sie. Doch laut Handelsregister besass AmVac zuletzt 80 Millionen Anteile. Hätte die Firma jede Aktie für drei Franken weggebracht, wäre dies ein Gewinn von 240 Millionen Franken.
Die Zuger Staatsanwaltschaft geht zurzeit von Aktienverkäufen zwischen 50 und 60 Millionen «durch eine Privatperson aus».
SonntagsBlick weiss: Bei dieser «Privatperson» handelt sich um Melanie F. In der Schweiz relativ unbekannt, trat sie in ihrer Heimat Ungarn schon am Fernsehen auf. Als Society-Lady zeigte sie sich mit Stars wie der Hotelerbin Paris Hilton (35) oder Schauspielerin Eva Longoria (41).
Der Verwaltungsrat der konkursiten AmVac möchte sich zu den Betrugsvorwürfen nicht äussern. F., für welche die Unschuldsvermutung gilt, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Sie sitzt bereits im Verwaltungsrat einer anderen Zuger Firma. Das Start-up bietet eine App für Verliebte an. Es besitzt zehn Millionen Aktien zu je einem Rappen.
* Name der Redaktion bekannt