Charlotte Rampling hat ein oft diskutiertes Schicksal vieler Schauspielerinnen auf den Kopf gestellt: Je mehr sie vor der Kamera alterte, desto stärker wurden ihre Rollen. Auf die Entdeckung des jungen Fotomodells für Theater und Film, die schnellen ersten Rollen mit nackter Haut und die bemerkenswerte Karriere folgte eben kein Einschnitt mit Karriereknick und Rollensuche einer Schauspielerin in ihren 40er und 50er Jahren.
Im Gegenteil gilt vielen Kritikern das schauspielerische Schaffen der älteren Rampling als das deutlich wichtigere und prägendere für die inzwischen 73 Jahre alte Britin. Gleich einer Negation des Karriereknicks bekam sie ihre erste grosse Auszeichnung dann auch erst 2003 mit dem Europäischen Filmpreis für ihre Rolle in «Swimming Pool» von François Ozon.
In fast sechs Jahrzehnten vor der Kamera hat sie in ihren mehr als 100 Rollen vor der Kamera häufig sehr eigenwillige Charaktere verkörpert. In «Il portiere di notte» (1974) hat sie als ehemalige KZ-Insassin ein sadomasochistisches Verhältnis zu ihrem Ex-Aufseher. für «Max mon amour» (1986) nimmt sie sich einen Affen als Liebhaber. Für Ozons «Sous le sable» (2000) verdrängt sie den offensichtlichen Tod ihres Mannes. In «Vers le sud» (2005) kompensiert sie an den Stränden Haitis fehlende Leidenschaft durch gekauften Sex mit jungen Einheimischen.
Ihren ersten Bären der Berlinale konnte Rampling 2015 für ihre Rolle einer nach «45 Years» in Ehezweifel verfallenden Frau. Nun wird sie in Berlin mit dem Goldenen Ehrenbären für ihr Filmschaffen ausgezeichnet. Im Rahmen der ihr gewidmeten Hommage mit elf Filmen wird nach der Preisübergabe am Donnerstag «Il portiere di notte» gezeigt.