Beim Heu einholen raste er 270 Meter in die Tiefe
Die Höllenfahrt von Bauer Amstad

Der Landwirt wollte mit seinem Gefährt einen Hang hochfahren. Da riss die Seilwinde. Sein Schilter und der Bauer rutschten 270 Meter in die Tiefe.
Publiziert: 09.08.2011 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:37 Uhr
Von Sascha Schmid

Josef Amstad (71) ist ans Krankenbett gefesselt. Ausgerechnet er, der rüstige Bauer aus Beckenried NW. Amstad ist ein Chrampfer, jeden Tag von früh bis spät auf den Beinen.

Die Ärzte im Kantonsspital Luzern haben dem Landwirt in der Nacht auf Sonntag einen komplizierten Bruch am Unterschenkel operiert. Der Eingriff dauerte mehrere Stunden. Die Untersuchung eines gebrochenen Halswirbels steht noch aus. «Das ist einfach ein Riesenmist», ärgert sich Josef Amstad.

Dabei grenzt es an ein Wunder, dass der Bauer überhaupt noch lebt.

270 Meter in die Tiefe

Am Samstag will Amstad gleich vor seinem Hof das Heu einholen. In einem steilen Hang, den man nur mit Nagelschuhen hochkommt.

Dazu zieht er mit einer Seilwinde seinen grünen Schilter-Transporter den Abhang hoch. «Wie ich das schon seit dreissig Jahren mache», sagt Amstad.

Doch diesmal ist alles anders. Als Amstad rückwärts den Hang hochfährt, reisst plötzlich das Stahlseil.

Eine Katastrophe! Der Transporter rast haltlos den Steilhang hinunter, mit dem Bauern im Führerstand. Amstad kann nichts tun, um das Gefährt zu bremsen.

Es fährt über einen Feldweg und macht einen Sprung von zehn Metern. Und braust weiter. Die Höllenfahrt endet erst nach 270 Metern – an einer Böschung unten am Bachbett kommt der Schilter zum Stillstand.

«Wir sahen plötzlich etwas aus dem Schilter fallen», sagt ein Augenzeuge. Das «Etwas» ist Bauer Amstad!

Amstads Kinder sind schockiert

Sofort eilen die Nachbarn zu Hilfe. «Josef hatte höllische Schmerzen. Er war zwar ansprechbar, stand aber unter Schock, er erkannte uns gar nicht», erzählt der 26-jährige Michael Murer.

Die Nachricht vom Unfall erreicht Amstads Tochter. «Mein Vater könnte tot sein», sagt Sonja Amstad (28). Nach dem ersten Schock ist sie nur froh, dass ihr Vater noch am Leben ist. «Die Arbeit in diesem steilen Gelände ist immer ein Risiko, doch das Bauern ist sein Leben. Darum arbeitet er auch mit 71 Jahren immer noch jeden Tag.»

Ihr Vater sei ein eigenwilliger Mann, der fast sein ganzes Leben allein auf seinem Hof gelebt habe. «Mit seinen Ansichten polarisiert er, aber seine Überlegungen zum Leben sind sehr weise», erklärt die Tochter.

Der Bauer will weiterarbeiten

Wie viel Glück er tatsächlich hatte, hat Josef Amstad noch nicht wirklich realisiert. Ihn beschäftigt nur, wie es zu dem Unfall kommen konnte und wann er wieder heim auf seinen Hof kann. «Der Mensch ist geschaffen, um zu arbeiten», sagt Amstad im Spitalbett. «Das ist der Lauf des Lebens.»

Die Arbeit in dem steilen Gelände ist ein Risiko. Doch das Bauern ist sein Leben.

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