Schätzungen gehen von einem Drittel der Jungbauern aus, die keine Frau finden. Jeremias Gotthelf beschrieb dieses Phänomen bereits 1841 in seiner Erzählung «Wie Joggeli eine Frau sucht».
«Joggeli ist ein reicher, lediger Besitzer eines schönen Hofes. Seine Mutter ist jüngst gestorben. Sie sorgte so gut für ihn, dass er gar nicht hat heiraten wollen. Obgleich sie ihm alle Tage zusprach, eine Frau zu nehmen. Jetzt dachte er immer ernstlicher ans Heiraten, und, je mehr er daran dachte, desto mehr grauste es ihm davor.»
Im Schatten der Mutter
Angst vor dem Heiraten hat auch ein 30-jähriger Landwirt, der sich beim bäuerlichen Sorgentelefon der Schweiz meldet. Seine Freundin sei eine selbstständige Frau, sie wolle nicht im Schatten seiner Mutter leben, schildert der junge Bauer sein Problem.
«Wissen Sie», erzählt er der Mitarbeiterin des bäuerlichen Sorgentelefons, «meine Freundin, die ich sehr liebe, will mich nur heiraten, wenn meine Eltern wegziehen vom Hof.»
Auch Ursula Mettler aus Horn TG vom Beratungsteam der Partnervermittlung «Unterwegs zum Du» kennt das Problem. «Ein langjähriger Kunde von mir, hat Probleme, eine Frau zu finden, weil seine Mutter den Hof dominiert.» Mettler, zuständig für die Region Ostschweiz, führt einen Drittel Bauern in der Kartei.
Umdenken bei jungen Bauern
«Unsere Landwirte sind zu Unrecht mit einem schlechten Image besetzt», sagt Ursula Mettler. Viele junge Bauern seien heute durchaus bereit, Frauen ihre Selbstständigkeit zuzugestehen.
Die nicht gewinnorientierte Organisation wurde 1938 gegründet und wird von beiden Landeskirchen unterstützt. «Wir verstehen uns nicht nur als Plattform für ein unverbindliches Kennenlernen, sondern auch als Seelsorgeangebot», sagt Mettler.
Nach einem Eintrittsgespräch hilft Ursula Mettler den Bauern, einen Steckbrief zu verfassen. «Natürlich ist es von Vorteil, wenn eine Frau naturbezogen ist, wenn sie einen Bauern heiraten möchte», sagt die Beraterin.
Anonymes Kennenlernen
Viele junge Bauern seien offen für neue Ideen und dank dem Anstoss von «Unterwegs zum Du» hätten zwei Bauern ausserhalb der Partnervermittlung eine Frau kennengelernt. Und ein Bauer aus einem abgelegenen Tal in Graubünden stehe seit kurzem in Kontakt mit einer Frau als dem Baselbiet.
Die Teilnehmer schätzten die Anonymität. Genauso wie auf der Internetplattform www.landflirt.de, wo zurzeit 43 Männer und 13 Frauen aus der Schweiz Kontakt suchen. Das Vorgehen bei der Suche nach einem Wunschpartner ist einfach. Anhand von Fragen wird ein Profil erstellt. Der Kontakt wird über Email hergestellt.
Online-Flirten ist etwas für Junge: Die meisten Land-Chatter sind zwischen 20 und 40 Jahre alt. «Für junge Bauern ist das Internet heute ein Muss», sagt Ueli Tobler, Pfarrer von Müntschemier BE und Präsident des Sorgentelefons.
Zunehmend isoliert
Viele Pärchen finden sich am Arbeitsplatz, junge Bauern müssen andere Wege beschreiten. «Landwirte sind heute zunehmend isoliert», sagt Tobler. Viele Institutionen wie Käsereien, Dorfläden oder Vereine, die Bauern Aussenkontakte ermöglichten, seien verschwunden.
«Bei den Familienbetrieben ist alles verhängt. Geht es finanziell schlecht, spürt das auch die Familie», sagt Tobler. Die Bäuerin trug schon immer wesentlich zum Wohlstand des Bauern bei. Auch heute hat sich daran nichts geändert. Auf vielen Betrieben setzen gerade Bäuerinnen innovative Strategien um, wie bespielsweise Direktvermarktung oder Ferien auf dem Bauernhof.
Die jungen Bauern wollen deshalb nicht mehr unbedingt eine Bäuerin zur Frau. Dank einer qualifizierten Berufsausbildung sorgen moderne Landfrauen oft für einen ausserlandwirtschaftlichen Nebenerwerb. «Das haben die jungen Bauern erkannt», sagt Ursula Mettler. (SDA)