Bauer Anton Pianta (61) trauert im Urner Isental um seine Tiere
Wingsuit-Flieger treiben Schafe in den Tod

Schafbauer Pianta (61) ist am Boden zerstört: 10 Schafe fehlten, nachdem sie von der Alp zurück ins Tal kehren sollten. Der Grund dafür: Wingsuit-Flieger wirken wie Adler, weshalb Schafe vor Schreck über die Felsen in den Tod springen.
Publiziert: 06.10.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:29 Uhr
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Schafbauer Anton Pianta (61): «Wingsuit-Flieger zischen wie ein Schuss.»
Foto: Stefan Bohrer
Von Gabriela Battaglia

Anton Pianta (61) aus Tenniken BL sömmert seine Schafe im Urner Isental. Am 19. September kamen die Tiere nach 99 Tagen von der Alp zurück ins Tal. Zehn Schafe fehlten. Pianta und sein Hirte suchten verzweifelt nach den vermissten Tieren. Vergeblich. «Wegen Nebels wurden sie zunächst nicht gefunden. Wir mussten die Suche abbrechen», sagt der Bauer.

Nun weiss man, was passiert ist. Sie lagen tot unterhalb eines Felsvorsprungs beim Gitschen. Genau dort, wo der US-Extremsportler Johnny Strange (†23) bei einem Wingsuit-Sprung am letzten Donnerstag in den Tod flog (BLICK berichtete). Für Pianta ist klar, wer für den Tod seiner Schafe verantwortlich ist: «Die Wingsuit-Flieger!» Seine Schafe springen vor Schreck über die Felsen. «Wingsuit-Flieger wirken wie Adler. Und wenn sie nahe am Boden vorbeifliegen, zischen sie wie ein Schuss.»

Ein Jäger hat die vermissten Tiere gefunden. «Fünf lagen direkt übereinander», so Pianta, «die anderen fünf im Umkreis von zehn Metern. Es hat mir fast das Herz zerrissen.»

Pianta hat insgesamt 100 Schafe, 56 davon schickte er diesen Sommer ins Isental. Drei Tiere verlor er bereits in der ersten Woche Mitte Juni. «Ein Wolf hat sie und fünf andere gerissen. Jetzt habe ich wegen der Wingsuit-Flieger zehn weitere verloren. Es war ein trauriger Sommer für mich und meine Tiere.»

Der Gitschen oberhalb von Seedorf UR gilt bei Wingsuit-Fliegern als Geheimtipp. Der Grund: Der riskante Flug vom 2500 Meter hohen Berg ist einer der längsten in der Schweiz. Am 10. Juli aber stürzte der erste Wingsuit-Flieger im Kanton Uri in den Tod. Auch er ein US-Amerikaner, wie die Extremsport-Ikone Johnny Strange.

Im Wingsuit-Mekka Lauterbrunnen BE hat man sich mittlerweile an die Toten, die vom Himmel fallen, gewöhnt. Die Extremsportler dort brauchen neuerdings eine «Landing Card». Sie kostet 25 Franken für ein ganzes Jahr. Damit dürfen sie auf gekennzeichneten Wiesen landen. Anders als in Uri werden die Bauern im Berner Oberland dafür entschädigt. Schafbauer Anton Pianta bekommt für den Verlust seiner Tiere aber kein Geld.

Am Sonntag holte er die Glocken seiner toten Schafe in den Urner Alpen ab. Es sind sieben – drei Lämmchen, die vor Schreck in den Tod sprangen, trugen noch keine Glocken. Sie waren noch zu klein.

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