SonntagsBlick: Tim van Beveren, Sie haben in Ihrem Film zahlreiche Vorfälle dokumentiert: Es geht etwa um einen inzwischen verstorbenen Piloten, einen Fall bei der Condor oder eine kranke Ex-Chefstewardess der Lufthansa. Ist wirklich immer kontaminierte Kabinenluft die Ursache?
Tim van Beveren: Diese Vorfälle sind auf kontaminierte Kabinenluftvorfälle zurückzuführen. Mehr oder minder ist das auch belegt. Der am besten belegte Fall ist derjenige mit der Condor-Maschine. Dort hat man im Blut der Betroffenen genau jene Stoffe gefunden, die im Unfallbericht auch aufgeführt werden.
Jetzt haben wir den Vorfall mit einem Jumbolino der Swiss in Genf. Da weiss man aber noch nicht, was genau die Ursache war.
Die, die es wissen können, wissen es schon. Die Airlines wollen das Thema nicht in der breiten Öffentlichkeit diskutiert haben. Beim Jumbolino hat die Besatzung richtigerweise sofort den Start abgebrochen. Das wünscht man sich als Passagier in so einem Fall.
Wie sehr sind Flugpassagiere wirklich gefährdet?
Das weiss man eben nicht, weil es keine vernünftigen, unabhängigen Untersuchungen dazu gibt. Diese sind dringend gefordert. Bei Vielfliegern gibt es ähnliche Erkrankungen wie bei den Crews. Und Schwangere, Alte oder Kleinkinder sind stärker gefährdet als junge, gesunde Menschen. Auch weil eben jeder Mensch auf die Stoffe unterschiedlich reagiert. Aus diesem Grund braucht es endlich unabhängige Untersuchungen, etwa durch Human-Biomonitoring von Besatzungen und Passagieren. Nur Luftmessungen an Bord reichen nicht aus. Aber das weiss man schon lange, und deshalb werden auch nur solche Untersuchungen gemacht, bei denen man das Ergebnis schon im Voraus kennt – und sich eine Problemlösung so herauszögern lässt.
Warum geschieht dies nicht?
Politik, Airlines und Aufsichtsbehörden sind eng miteinander verbandelt. Hinzu kommt: Airbus gehört vier europäischen Staaten. Das fördert nicht unbedingt eine kritische Haltung. Auch die Piloten befinden sich in einem Dilemma: Wenn sie fliegen wollen, müssen sie gesund sein; wenn sie über Vergiftungserscheinungen klagen oder diese gar nachgewiesen haben wollen, droht ihnen vielleicht die Fluguntauglichkeit.
Tim van Beveren (55) ist Aviatikexperte und Autor der TV-Doku «Ungefiltert eingeatmet – die Wahrheit über das aerotoxische Syndrom». Die DVD ist auf amazon.de oder webshop-tvbmedia.de in deutscher, englischer oder französischer Version erhältlich.