Grossbritannien bangt um ihren Premierminister: Der Zustand Boris Johnson (55) hat sich am Montag verschlechtert. Er wurde am Abend auf die Intensivstation verlegt. Der britische Premier ist am Sonntag wegen seiner Corona-Erkrankung ins Spital eingeliefert worden.
Dass Johnson nun auf der Intensivstation liegt, deutet daraufhin, dass er an schwerem Covid-19 leidet. Laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) müssen die meisten Menschen auf der Intensivstation beatmet werden. Etwa 15 Prozent der Corona-Infizierten werden ernsthaft krank und benötigen eine Sauerstofftherapie im Krankenhaus. Weitere fünf Prozent werden auf die Intensivstation verlegt, damit ihre Atmung durch mechanische Beatmung übernommen werden kann. Einige benötigen auch Unterstützung für andere Organe. Ob Boris Johnson künstlich beatmet wird, war am Montagabend nicht klar.
Johnson habe Aussenminister Dominic Raab (46) damit beauftragt, ihn zu vertreten, wo es notwendig sei, hiess es in einer offiziellen Mitteilung der Downing Street. «Der Premierminister ist in hervorragenden Händen und dankt allen Mitarbeitern des (Gesundheitsdiensts) NHS für ihre harte Arbeit und ihr Engagement.» Medienberichten zufolge ist Johnson bei Bewusstsein.
Trump, Merkel und Co. denken an Johnson
Bundeskanzlerin Angela Merkel wünschte dem Premierminister viel Kraft und gute Besserung. Sie hoffe, dass Johnson das Krankenhaus bald wieder verlassen könne, schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter.
US-Präsident Donald Trump sagte auf einer Pressekonferenz, dass man Johnsons Ärzten Unterstützung angeboten habe. «Wir werden sehen, ob wir helfen können.» Er deutete an, dass es um die Behandlung mit Medikamenten geht, die noch nicht für die Behandlung einer Erkrankung mit dem Coronavirus zugelassen sind. Wenn man wegen der Lungenkrankheit Covid-19 auf der Intensivstation behandelt werde, werde es «sehr, sehr ernst», sagte Trump weiter.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron wünschten dem Regierungschef via Twitter eine schnelle Genesung. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schrieb: «Viel Kraft, Boris, und werde bald gesund.» Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon twitterte: «Meine Gedanken sind beim Premierminister und bei seiner Familie.» Der britische Finanzminister Rishi Sunak teilte ebenfalls per Twitter mit, seine Gedanken seien bei Johnson und dessen schwangerer Freundin Carrie Symonds.
Johnsons Krankheitsverlauf
Nachdem Johnson von seiner Infektion erfuhr, arbeitete er zunächst isoliert im Regierungssitz in der Downing Street weiter. In seinen Videobotschaften zur Pandemie gab er sich optimistisch, er wirkte aber bereits angeschlagen und hatte auch deutlich an Gewicht verloren. Am Sonntag musste er dann in die Klinik gebracht werden.
Er sei auf Anraten seines Arztes «zu einigen Routinetests» ins Krankenhaus gegangen, hatte Johnson noch am Montag per Twitter mitgeteilt. Nach Angaben eines Regierungssprechers litt er unter Fieber und Husten. Einige britische Medien schrieben hingegen von einer schweren Erkrankung der Lunge; Johnson wurde demnach bereits beatmet. Aussenminister Raab vertrat ihn bereits auf einer Sitzung.
Pandemie auf die leichte Schulter genommen?
Der Premier scheint dabei die Pandemie auf die leichte Schulter genommen zu haben. Zu Beginn setzte er auf Herdenimmunität. Noch Anfang März hatte der Premierminister damit geprahlt, dass er Menschen in einem Krankenhaus, darunter Covid-19-Patienten, die Hände geschüttelt habe. Das werde er auch weiterhin tun, sagte er damals.
Die britische Regierung steht im Kampf gegen die Pandemie unter erheblichem Druck: Durch einen Schlingerkurs verlor sie wertvolle Zeit, um den Ausbruch einzudämmen. Im chronisch unterfinanzierten Gesundheitsdienst National Health Serice (NHS) gibt es zudem nicht genügend Tests, Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräte. Erste Kliniken meldeten britischen Medien zufolge sogar einen Mangel an Sauerstoff für die Beatmung der Lungenkranken. (nim/msz/SDA)