Börsenguru Marc Faber (71) empfängt BLICK in seiner roten Teakholz-Villa ausserhalb von Chiang Mai im Norden Thailands. Das 8000-Quadratmeter-Grundstück liegt am Fluss. Hausherr Faber steht im verschwitzten Unterhemd zwischen zwei gebückten Dienerstatuen und wartet: «Kommt herein, aber zieht die Schuhe aus!»
Das Haus ist voll von Mao-Statuen, Büchern und Kunst. «Das habe ich als Wertanlage gekauft», meint Faber. Er setzt sich an den Arbeitstisch, legt die Füsse hoch, öffnet ein Bier und zündet sich eine Zigarette an.
BLICK: Dieses Haus ist wie eine Mischung aus Kathedrale und Museum.
Marc Faber: Das ist nur das Büro, das Wohnhaus steht nebenan. Das Gebäude wurde 2002 fertiggestellt, damals herrschte in Asien Krise. Was ihr hier seht, ist alles Teakholz. Das wäre heute massiv teurer. Ich bin eigentlich nur 30 Prozent meiner Zeit hier, reise viel herum. Aber mit mittlerweile 71 will ich das Reisen reduzieren.
Wie würden Sie Ihren Job beschreiben?
Ich bin Anleger, Anlageberater, Fondsverwalter und dadurch in einigen Verwaltungsräten. Und ich schreibe Blogs, was vielleicht die Hälfte meiner Zeit in Anspruch nimmt.
Damit lässt es sich offenbar gut leben. Wie reich sind Sie?
Das ist eine Frage, die nicht wichtig ist. Der Reichtum eines Menschen misst sich nicht am Geld. Es geht auch um Lebensstil, ob man ein gutes Leben führt. Ich habe aber genug zum Leben. Ich trinke ja auch gerne mal ein Bier und rauche. Wenn man in die nächste Welt geht, nimmt man nichts mit.
Den Lebensabend in der Schweiz zu verbringen, ist kein Thema?
Das wäre ungefähr die letzte Option.
Der Hund bellt. Faber steht auf, ruft zur Tür hinaus: «Finish, finish!» Und gibt seinem Angestellten auf Thai Anweisungen.
Wo waren wir? Das Leben, das ich hier führe, wäre in der Schweiz nicht möglich. Diese Freiheit. Und ich habe auch Angestellte. Einer kümmert sich um meinen Töff, die Hunde, den Garten und den Einkauf. Und er muss schauen, dass es immer genug Bier gibt.
Sie fahren hier Töff?
Ja, obwohl es gefährlich ist. Man muss einige Dinge beachten. Es gibt keine Regeln, keine Ampeln, nichts. Rückspiegel werden hier nur benutzt, um sich zu schminken.
Sie sind ja sowieso ein Anhänger von Deregulierung.
Ja, man muss sich eben anpassen. Ich würde es so sagen: Die Schweiz ist überreguliert. Ich kenne einen Fall von einem Restaurant, dort war das WC im Keller. Jetzt mussten die einen Lift bauen, damit man auch mit dem Rollstuhl runterkommt. Bei solchen Bestimmungen bist du als Unternehmer am Arsch. Nur Grossunternehmen lieben Bestimmungen. Das unterbindet Konkurrenz. Die Grossen haben Hunderte Anwälte, die Kleinen eben nicht.
Auch viele Auswanderer suchen hier die grosse Freiheit. Nicht immer mit einem Happy End ...
Es gibt viele Leute, die kommen her und eröffnen ein Geschäft. Ohne Erfahrungen oder Sprachkenntnisse. Auch darf man hier als Ausländer kein Land besitzen. Viele überschrieben ihren Besitz der thailändischen Ehefrau. Aber man weiss ja, wie es laufen kann, zwischen Männern und Frauen. Man lebt sich auseinander. Viele Auswanderer haben auch schlicht keine Krankenversicherung. Das läuft so lange gut, wie sie gesund bleiben.
Apropos Ehefrau: Sie sind ja seit Jahrzehnten mit einer Thailänderin verheiratet. Wo ist sie eigentlich?
Sie wohnt teils hier, teils in Bangkok.
Sie pflegen Ihr verruchtes Image, haben ein Flair fürs Milieu. Da müssten Sie hier voll in Ihrem Element sein.
Ja, fünf Minuten von hier gibt es Nachtclubs. Wenn meine Frau hier ist, hat sie nicht gerne, wenn ich dort hingehe. Na ja, es ist eine Girl-Bar. Ich habe eine Freundin, die dort arbeitet.
Eine Freundin? Was sagt denn die Ehefrau dazu?
Natürlich hat sie das nicht gerne direkt vor den Augen. Meine Frau hatte in Hongkong ein Restaurant, hat viel gearbeitet. Ihr war hier in Chiang Mai langweilig. Sie weiss, dass ich eine Freundin habe. Das ist kein Thema mehr.
Was halten Sie vom Sextourismus?
Ich will das mal politisch korrekt beantworten: Es gibt also Männer, die kommen wegen den Frauen hierher. Die würde ich als die Normalen bezeichnen. Und dann gibt es welche, die kommen wegen kleiner Buben. Das sind die Abnormalen.
Anderes Thema: Chinesische Firmen sind überall präsent in Südostasien. Hat der Westen überhaupt eine Chance im Wettlauf gegen China?
In meinen Augen sollte das kein Wettlauf sein. Es gab die Ägypter, dann kamen die Griechen, die Römer und so weiter. Da müssen die USA objektiv sein. 300 Millionen Amerikaner gegen eine Milliarde Chinesen. Es lässt sich nicht verhindern, dass China und Indien sich entfalten.
Dr. Doom prognostiziert den Untergang der westlichen Wirtschaftsvormacht.
Ich sagte nicht, es wird ein Untergang. Aber die Periode des Imperialismus, in welcher der Westen wahnsinnig reich wurde und die Welt dominierte, ist vorbei. Und wenn die Amis glauben, sie könnten den Chinesen etwas vormachen, haben sie sich geschnitten. Klar ist: Die Bedeutung des Westens hat abgenommen. Europa muss sich überlegen, wie es in «Würde altern kann».
Trump hat während des Wahlkampfs laut gegen China gepoltert. Auch in anderen Ländern sind Populisten auf dem Vormarsch. Ein Problem?
Ansichtssache. Sie wissen ja, die Linken empfangen die Leute aus Afrika und dem Nahen Osten mit offenen Armen. Wenn ich König der Schweiz wäre, würde ich sagen: Ihr seid willkommen, aber müsst euch unseren Sitten anpassen. Oder verreisen.
Ich hätte jetzt eher eine wirtschaftliche Antwort erwartet.
Trump zum Beispiel. Alle hassten ihn: Wallstreet, die Medien, kein CEO eines grossen Unternehmens hat ihn unterstützt. Alle sagten: Die Börse wird zusammenfallen, wenn er Präsident wird. Was ist passiert? Nichts.
Wie oft werden Sie um Anlagetipps gebeten?
Wer mich kennt, fragt erst gar nicht. Manchmal kommen Leute und wollen mich treffen oder mir Geld zum Verwalten geben. Aber ich gebe keine Anlagetipps – schon gar nicht in einer Bar. Und sicher nicht gratis.
Ich versuche es trotzdem: Wo soll ich investieren?
Die Welt ist überschuldet. Es wird wieder einen Knall geben eines Tages. Das Beste in dieser Lage ist Diversifikation. Oder eine Immobilie erwerben. Das verhindert, dass du mit dem Geld anderen Seich machst. Persönlich würde ich in Aktien, Immobilien und Edelmetall investieren.
Das klingt jetzt aber eher wie die Suche nach einem Rettungsboot. Wittern Sie schon die nächste Blase?
Wir sind in einer gewaltigen Blase, ja. Eine weltweite Verschuldungsblase. Die Bilanzsummen von grossen Notenbanken haben sich zwischen 1998 und 2015 versechzehnfacht. Ich weiss nicht, wann das platzt. Aber es wird platzen. Dann ist man auch mit Bargeld nicht sicher. Also: Diversifikation.
Das wäre dann aber die grösste aller Blasen.
Frühere Bubbles waren konzentriert, zum Beispiel 2000 in der Hightech-Branche. Jetzt haben wir eine Blase bei Immobilen, Aktien, allen Sektoren ausser Rohstoffe und Edelmetalle. Und wir haben eine Blase im Kreditwesen und eine in den Obligationenmärkten. (Schaut auf die Uhr) Ich muss einen Flug erwischen. Trinken wir noch ein Bier, dann muss ich los.
Der Zürcher Marc Faber machte ab 1970 Karriere an der Börse. 1990 gründete er seine eigene Investmentgesellschaft mit Sitz in Hongkong. Faber sagte den Börsencrash von 1987, die Asienkrise sowie das Platzen der Technologie-Blase richtig voraus. Deshalb wird er auch Dr. Doom (Doktor Untergang) genannt.
Der Zürcher Marc Faber machte ab 1970 Karriere an der Börse. 1990 gründete er seine eigene Investmentgesellschaft mit Sitz in Hongkong. Faber sagte den Börsencrash von 1987, die Asienkrise sowie das Platzen der Technologie-Blase richtig voraus. Deshalb wird er auch Dr. Doom (Doktor Untergang) genannt.